1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Was ist neu am EWS?

Bild von Drak

1Dass das EWS funk­tioniert, hat es in den letzten 10 Jahren immer wieder bewiesen. Doch was trägt es allgemein zur Entwicklung von Rollenspielen bei? Seine Stärken habe ich schon beschrieben, doch welche davon sind wirklich neue Entwicklungen?2

Von den Stärken der Regeln des EWS gibt es nur eine, die ich noch nirgends sonst gesehen habe: Den konsequenten Fokus auf der von Charakteren erlebten Handlung bei gleichzeitig starker Bedeutung von Werten und Würfelergebnissen - und zwar in allen Situationen, egal ob nun Kampf oder Kochduell.

Dadurch bietet es eine Direktheit des Erlebens, die ich bisher in keinem anderen Rollenspiel erlebt habe.

Um das zu begründen, muss ich etwas ausholen: Bei der Auflösung von Handlungen gibt es in Rollenspielen zwei Extreme: „Kampfmodus!“ und „Warum denn würfeln?

Beginnen wir mit dem

Kampfmodus!

Der verbreitetste Vertreter der Kampfmodus-Methode ist D&D alias D20 alias Pathfinder:3

Die Charaktere laufen durch fantastische Welten, plaudern mal am Wegesrand und besaufen sich in der Kneipe. All das geht sehr frei. Dann zerschlägt der Tischnachbar plötzlich einen Bierkrug und alles ist anders: Es ist Kampf!

Ein Gitternetz legt sich über die Szene. Der gerade noch laut tönende Barde wird kleinlaut, weil er seine Trefferpunkte sieht, und aus dem gerade noch gefährlich blitzenden Messer hinter dem Rücken des Kriegers wird ein Spielzeug, weil der Barschläger, der es hält, eher keinen Hinterhältigen Angriff kann und der Krieger im übrigen nicht sauber in die Zange genommen wurde. Dann wird Initiative gewürfelt.

Sobald es zum Kampf kommt, ändert sich die Situation grundlegend. Das kann soweit gehen, dass geradezu 2 Welten in den Köpfen der Spieler existieren: Der flauschige Hintergrund, in dem die Geschichte spielt, und der brettspielige Kampf. Die schwächere Variante hiervon sind Systeme, in denen entweder das Würfeln selbst oder die Interpretation des Ergebnisses eigene Minispiele sind. Zu einem gewissen Grad ist das bei FATE der Fall, und wie uns ein Spieltest zeigte auch bei Technoir. Bei beiden besteht die Gefahr, dass die verregelten Teile den nur beschriebenen Teil der Situation verdecken.

Wofür denn würfeln?

Auf der anderen Seite gibt es zwei Spielstile: Vorhersagbare Ergebnisse und Verzicht aufs Würfeln.

Ein Vertreter der ersten Art ist Gurps: Sobald die Charaktere aus dem kritischen Wertebereich zwischen 7-13 heraus sind (Boni und Mali eingerechnet) sind die Ergebnisse fast schon vorherbestimmt, so dass es sich nicht lohnt zu würfeln. Es ist eh klar, wie die Situation ausgeht. Für Taktiker ist das toll. Aber das Würfeln wird entwertet: Außerhalb von kritischen Erfolgen und Patzern geschieht wenig spannendes (das EWS vermeidet diesen Effekt, indem es die Differenz zwischen Ergebnis und Mindestwurf als Maß für die Wirkung nimmt).

Die Charaktere laufen durch fantastische Welten, plaudern mal am Wegesrand und besaufen sich in der Kneipe. Dann zerschlägt der Tischnachbar plötzlich einen Bierkrug und alles ist anders: Es ist Kampf!

Sie würfeln Initiative. Natürlich ist der Krieger zuerst dran. Er schlägt mit der Faust zu, würfelt und trifft. Dann wirft der Barde seinen eigenen Krug, würfelt und trifft. Der Angreifer sticht mit dem Krug nach dem Krieger, würfelt und trifft, kommt aber nicht durch die Lederrüstung. Dann schlägt der Krieger erneut zu, würfelt und trifft. Der Angreifer geht zu Boden. (Paraden habe ich zum Zwecke der Lesbarkeit ausgespart)

Ein Vertreter der zweiten Art, des Verzichts aufs Würfeln, ist Æon Trinity, in dem man mächtige Psioniker spielt. Seine Regeln sind darauf ausgerichtet, beim Höhepunkt Spannung zu erzeugen - und für des normale Leben völlig untauglich (weil nichts klappt). Damit die Charaktere wirklich wie Psioniker handeln können, muss ein Großteil des Spiels gehandwedelt werden.

Die Charaktere laufen durch fantastische Welten, plaudern mal am Wegesrand und besaufen sich in der Kneipe. Dann zerschlägt der Tischnachbar plötzlich einen Bierkrug und stürzt auf den Barden zu.

Der Barde springt zur Seite, und weil Helden hier nicht stolpern würfelt er nicht. Dann schlägt der Krieger zu und schickt den Angreifer zu Boden. Kein Würfel ist gerollt, denn hier zu scheitern würde nicht zu den Charakteren passen, immerhin sind sie die Elite des Landes. Nach den Regeln würden ihre Handlungen aber in 20% der Fälle danebengehen.

Was macht das EWS anders?

Im EWS sind Regelanwendungen extrem schnell: Ein Wurf mit einem Würfel pro Person und das Ergebnis steht fest. Schon haptisch ist das ein großer Unterschied: Dadurch, dass nur ein Würfel mit einer eng begrenzten Wertespanne rollt (ein W6), nimmt das Würfeln in der Vorstellung wenig Platz ein und die Spielenden bleiben auf der Handlungsebene. Das ist der ±W6.

Gleichzeitig bieten die beschreibenden Mindestwürfe der SL die Möglichkeit, eine für alle Beteiligten plausible Schwierigkeit aus dem Ärmel zu schütteln, statt sie aufwändig berechnen zu müssen. Das erlaubt es der SL, Würfe schnell in die Handlung einzubinden.

Und die Wichtigkeit der Differenz zwischen Wurfergebnis und Mindestwurf - oder bei einem Wettstreit zwischen beiden Ergebnissen - zusammen mit der im Nahbereich linearen Werteverteilung (-5 bis +6) stellt sicher, dass jeder Wurf auch eine Handlungsrelevante Entscheidung trifft.

Die begrenzte Spanne der gleichverteilten Würfelergebnisse (-5 bis +6) gewährleistet dabei, dass die Werte des Charakters für das Ergebnis relevant sind. Und die Beschreibungen der Werte entsprechen ihren spieltechnischen Auswirkungen. Die kritischen Ergebnisse stellen sicher, dass trotzdem jeder Wurf die Situation ändern kann.4

Dadurch ergibt sich ein Fokus auf die Handlung zusammen mit starken Einflüssen der Regeln, der meines Wissens nach in der Rollenspielszene einmalig ist.

Die Charaktere laufen durch fantastische Welten, plaudern mal am Wegesrand und besaufen sich in der Kneipe. Dann zerschlägt der Tischnachbar plötzlich einen Bierkrug, springt auf und stürmt auf den Barden zu.

Der Krieger erhebt sich und schwingt seinen Stuhl gegen den Angreifer. Der Spieler wirft einen Würfel. Die SL wirft einen Zweiten. Dann trifft der Stuhl auf den Schädel des Angreifers und streckt ihn mit einer Wunde zu Boden.

Die einzigen Systeme, von denen ich weiß, dass sie dem nahe kommen, sind Dungeonslayers vom Uhrwerk Verlag und Witchcraft von Eden Studios. Doch beide skalieren nicht sauber für verschiedene Charakterstärken (sie werden für starke Charaktere komplizierter) und haben keine auf der Skala der Werte liegenden Mindestwürfe (machen also die Einschätzung der Chancen einer Handlung schwieriger).

Gratwanderung: Fokus auf der Handlung und starker Einfluss von Werten und Würfeln

„Durch das fixe Regelsystem haben wir nur sehr wenig Zeit auf Regelebene verbracht und hatten mehr Muße, auf das Setting einzugehen.“
— PiHalbe: Mutant — Undergångens Arvtagare

„Wir haben viel gewürfelt, die ±W6-Mechanik haben die Spieler schnell verinnerlicht […und haben sich gefreut…], dass die Werte zur Vor­stellung passen.“
— PiHalbe: Katzulhu

Das EWS nimmt also die durch den ±W6 gegebene Geschwindigkeit des Würfelns und die Deutlichkeit der Ergebnisse und baut darauf Regelkonzepte, die die Besonderheiten des ±W6 unterstützen, um ein niedrigschwelliges und zugleich bedeutsames Regelwerk zu schaffen.

Dadurch findet es eine Synthese zwischen Bereichen die sich in den meisten Rollenspielen entgegenstehen: Handlungsfokus und hohe Bedeutung von Werten und Würfeln.

Der beste Ausdruck den ich für das Spielgefühl gefunden habe, das das EWS damit erreicht, ist Direktheit.

Direktheit

Zu würfelnde Proben ergeben sich direkt aus der Handlung und die Bedeutung für die Handlung ergibt sich direkt aus den Proben, ohne dass zwischendrin der Kontext gewechselt werden muss.

Für mich ist das eine Form von Eleganz. Nicht die Eleganz von Adligen in hochgeschlossener Gewandung, die in Trippelschritten über die Tanzfläche wanken, weil sie sich unter ihren Rüschen kaum mehr bewegen können, sondern die Eleganz eines Raubtiers, das auf der Jagd jede unnötige Bewegung vermeidet und mit minimalem Aufwand sein Ziel erreicht. Ein Adler im Sturzflug oder eine Raubkatze im Sprung.

Leopard Look 5

Selbst der Kampf ist einfach Teil der Handlung.


  1. Das Bild Coming In For The Catch stammt von Linda Tanner und wurde unter cc Namensnennung auf Flicker veröffentlicht.6 

  2. Bei neuen Entwicklungen geht egleichverteiltens mir in diesem Beitrag nur um die Regeln, daher lasse ich die freie Lizenz außen vor. Auch die Zusammenstellung der Regeln ignoriere ich, solange sie keine wirklich neue Situation schaffen: Wenn das gleiche mit einem anderen Regelwerk erreicht würde, das einfach ein bisschen angepasst wird, dann liefert es nichts wirklich neues. Vielmehr suche ich den Aspekt des EWS, der für die Entwicklung von Rollenpielen wirklich eine neue Stilform liefert. Eröffnet es der Rollenspielentwicklung neue Wege? Bietet es das Äquivalent eines neuen Genres von Regeln? Ich habe erlebt, das die EWS-Regeln ein wirklich neues Spielgefühl erzeugen, und ich suche den Ursprung dieses Spielgefühls. 

  3. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen D&D 3, D20 Settings, D&D 4, D&D 5 und Pathfinder, das will ich nicht klein reden. In der Frage des Kampfmodus’ sind sie allerdings ausreichend ähnlich, dass ich sie hier als gemeinsamen Vertreter nenne. 

  4. Im Nahbereich von -5 bis +6 sind die Ergebnisse des ±W6 gleichverteilt, kritische Ergebnisse von z.B. -10, -15 oder +12, +18 folgen einer Glockenkurve und stellen sicher, dass die Handlung trotz deutlichem Einfluss der Werte nicht zu berechenbar wird, nehmen aber durch die geringere Granularität keinen übermäßigen Raum in der Vorstellung ein. 

  5. Das Bild Leopard (Panthera pardus) stammt von Peet van Schalkwyk und wurde unter cc Namensnennung auf Flicker veröffentlicht. Das Bild Leopard Vapor im Anhang stammt von Steve Jurvetson und wurde ebenso unter cc Namensnennung auf Flickr veröffentlicht. Ich habe es für den Artikel nicht gebraucht, finde es aber zu spannend, um es nicht zu verlinken ☺ 

  6. Wenn ihr tolle Bilder braucht, die ihr für eure Artikel nutzen könnt, könnt ihr auf Flicker nach Bildern unter cc-Namensnennung suchen. Das geht umständlich über das Stöbern in den cc-by-Bildern, oder ihr hängt einfach &l=4 an die Suchanfrage an. So zum Beispiel:
    flickr.com/search/?q=owl&l=4.
    Das Feld über den Suchergebnissen “Showing Creative Commons-licensed content requiring attribution bestätigt euch, dass ihr nur Bilder unter cc-Namensnennung gezeigt bekommt. Dann einfach die Seite mit dem Bild öffnen, in der rechten Spalte die drei Punkte anklicken und Download / All Sizes wählen. Da seht ihr nochmal die Lizenz und viele verschiedene Bildgrößen.
    Ich habe zur Sicherheit nach dem Herunterladen den Namen des Künstlers oder der Künstlerin in den Dateinamen gepackt, damit ich sicher sein kann, dass ich die Anforderung der Namensnennung immer erfüllen kann (der Name sollte allerdings auch in dem Werk stehen, in dem ihr die Bilder verwendet, egal ob es nun eine Webseite oder ein gedrucktes Buch ist). 

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Bild von Drak

Diskussion mit Falk Flak

Auf G+ hatte ich eine tolle Diskussion mit Falk Flak von hoch ist gut - und er hat mir zum Glück erlaubt, sie hierher zu kopieren

Falk Flak:

ESW verfolge ich schon seit Entstehung und ich beziehe mich hier vorerst nur auf einzelne Teile des verlinkten Beitrages, weil hier nicht genug Platz ist:
Das klingt schon arg gezwungen. m.E. - und das muss ich leider so sagen - macht EWS in der Hinsicht Regelmechanismus nichts Neues.
Weder sind, Zitat: "Beschreibungen von Werten" neu, noch erreicht man mit "Differenzen zwischen Würfelergebnissen" (aka Probenqualität) einen "starken Einfluss von Regeln", wenn es dennoch gleichzeitig nötig ist, "eine Schwierigkeit aus dem Ärmel zu schütteln". Ich stelle es mir durch diese SL-Willkürlichkeit auch schwierig vor, den Werten der Charaktere "Relevanz" zu geben, die so offensichtlich nicht haben. Der SL und seine Tagesform bestimmen hier, wie so oft, über den Wert einer Ziffer.
Und das Proben sich "aus der Handlung ergeben", sollte zudem selbstverständlich sein.

ESW reiht sich m.E. gut in nicht besser oder schlechter funktionierende Homebrews auf Basis alter DSA u.Ä. Systeme. Eben nichts Neues, nur nochmal anders gemacht.

Dennoch stimme ich zu, dass RPG oft zwischen zwei Perspektiven der Spieler auf den Spielverlauf leided (Kampf/Nicht Kampf). Wobei ich bei EWS durch Reichweitenangaben u.Ä. keine Möglichkeit sehe, auf Spielplan/Skizzen/Handwedelei zu verzichten, und demnach auch leider keine Lösung sehe.

EWS hat durchaus ein paar interessante Ansätze, aber neu ist es leider nicht. Wie löst EWS das Problem der Räumlichkeit im gemeinsamen Vorstellungsraum? Wie unterteilt EWS den Zeitablauf in handhabbare Schritte (was kann ich in welcher Zeit tun?)? Wie garantiert es reproduzierbare Wertezuordnung (anstatt SL Bierlaune)?
Das wären langjährig offene Fragen, die nach Lösungen bedürfen.

sorry für ehrliche Kritik.


Arne Babenhauserheide:

+Falk Flak Danke für deine Kritik!

Erstmal vorweg: Du hast Recht, dass das EWS in den meisten Bereichen nichts fundamental Neues macht. Von den Mechanismen her gibt es nur einen einzigen, der für sich alleine neu ist (der ±W6).

Aus den Regeln ergibt sich allerdings ein Spielgefühl, das ich in keinem anderen Rollenspiel gefunden habe - auch nicht Dungeonslayers.

Der Text ist das Ergebnis vieler Versuche, diese Beobachtung zu erklären - und die zentrale „Erkenntnis“ (Direktheit) hat uns erst eine grässlich gelaufene Runde geliefert, in der ein neuer Spieler völlig überrascht war, dass Kämpfe einfach Teil der Handlung sind und nicht angesagt werden o.ä..

Diese Direktheit ist das wirklich Neue, nicht die Wege, durch die sie erreicht wird.

Konkrete Antwoten:

"starken Einfluss von Regeln", wenn es dennoch gleichzeitig nötig ist, "eine Schwierigkeit aus dem Ärmel zu schütteln"

Dabei geht es nicht darum, dass das notwendig ist, sondern dass es einfach ist und sehr wenig Handwedelei erfordert. Wenn du ein schnell laufendes Spiel willst, desse Spielfluss durch Proben nicht gestört wird, dann musst du als SL immer Schwierigkeiten aus dem Ärmel schütteln. Im EWS ist das durch die gleiche Skala von Werten und Schwierigkeiten einfacher (ähnlich wie in FATE: Für sich alleine genommen ist das wie das meiste im Rollenspielbereich natürlich nichts neues. Es ist sogar explizit ein Erbe von Fudge).

das Proben sich "aus der Handlung ergeben", sollte zudem selbstverständlich sein.

Das gilt oft eben nicht - vor allem in Kämpfen. Wie ergibt sich zum Beispiel ein Initiativewurf aus der Handlung? Hier wird nach Ansagen des Kampfes die zeitliche Abfolge der Handlungen festgelegt - obwohl die in den meisten Fällen durch die Handlung selbst schon klar sein könnte.

Reichweitenangaben…Skizzen

Damit hast du Recht. Die expliziten Reichweitenangaben sollten wir durch etwas passenderes ersetzen - oder zumindest ergänzen.

Allerdings erzeugen Skizzen nicht zwingend eine Zweiteilung in Regelteil/Handlungsteil. Ich zeichne auch in völlig ungeregelten Situationen immer mal wieder Skizzen, um die Vorstellungswelten der Beteiligten zusammenzubringen. Und Entfernungsangaben schreibe ich da erst Recht nicht rein.

Und ehrlich gesagt sind die Mindestwürfe von Fernkampfangriffen für verschiedene Entfernungen ein Überbleibsel aus Gurps - und entsprechen nicht mehr vollständig dem, wie ich als SL Fernkampfangriffe handhabe. Ich nutze normalerweise einfach „nah“ (könnte von einem Messerkämpfer in höchstens einer Handlung erreicht werden), „mittel“ (fast alles andere) und „weit“ (das Ziel ist zu weit entfernt, um auf die Skizze zu passen - haben wir im Kampf fast nie, weil der Char bei der Entfernung normalerweise auch nicht mehr am Kampf teilnimmt und damit die Mindestwürfe für entspannte Situationen nutzen kann).

Ein verdammt guter Ansatzpunkt, danke!

Aufteilung des Zeitablaufs

Das EWS-Grundregelwerk nutzt hier das klassische Modell: Alle handeln einmal pro Runde. Im Initiativemodul und in Technophob gibt es komplexere Ansätze mit mehreren Handlungen pro Runde.

  • Initiative: http://1w6.org/deutsch/module/initiative-modul-init
  • Technophob: http://1w6.org/deutsch/technophob/psi-faehigkeiten-der-synachu#geist

Für die praktische Ausgestaltung kann ich nur beschreiben, was ich als SL mache: Aufteilung jeglicher Situation in möglichst unabhängige Abschnitte, so dass 2-3 Runden möglich sind, und wenn das schief geht keine Angst davor, zur Not die Zeit zurückzudrehen (und dabei zu versuchen alles zu erhalten, was den Spielern und Spielerinnen wichtig war).

Reproduzierbare Wertezuordnung

Dafür gibt es die Benennung der Mindestwürfe: Routine (6), Einfach (9), Fordernd (12), Schwer (15). Die SL legt fest, wie schwer die Handlung ist (wobei Spieler und Spielerinnen problemlos Einspruch einlegen können - das haben wir dann und wann, meistens weil sich die Vorstellungen der Beiteiligten über die Szene unterscheiden). Manchmal gibt es ein oder zwei Modifikatoren auf den Wert der Fertigkeit durch offensichtliche Komplikationen.

Das Gesamtergebnis zeigt dann direkt, wie gut die Handlung von außen aussah - egal ob sie geklappt hat. Wenn ein erfahrener Charakter (15) nur rumstolpert (-5 ⇒ 10) schafft er einfache Proben (9) trotzdem und sieht besser aus als der blutige Anfänger (3), der das beste Ergebnis seines Lebens abliefert (6 ⇒ 9).

Aber wie gesagt: Abgesehen vom ±W6 sind all diese Mechanismen für sich selbst gesehen nicht neu. Zusammen schaffen sie allerdings ein neues Spielgefühl (wobei ich, um der Ehrlichkeit genüge zu tun, dabei anmerken muss, dass es schwer ist, die Regeln komplett vom Leitestil zu trennen - dafür müssten noch viel mehr Leute EWS spielen).

Was mich persönlich noch interessieren würde ist, welche der Ansätze im EWS du als interessant siehst (anfixen und dann nicht sagen - fies ist sowas ;-) )


Falk Flak:

Glücklicherweise habe ich diesen Kommentar wiedergefunden. Ich weiss nicht, wie das in ein paar Tagen aussieht. Wunderbare Plattform.

ah, ok. Wenn du auf das reine Spielgefühl ansprichst, dann argumentierst du mehr auf psychologischer Ebene und den Mechanismen, die da greifen. Dazu kann ich wenig beitragen. Ich weiss nicht, inwiefern du dich damit auskennst, aber die Argumente lesen sich dann doch recht nach persönlicher Wahrnehmung.

Die Benennung der Werte kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Ich kann nachvollziehen, wenn man die Stufen und MW gleichartig benennt, wie bei FATE, aber ich kann nicht nachvolziehen, wie man z.B. den Wert 15 mit "schwer " benennen kann. Wenn ich selbst die Fertigkeit auf 15 (erfahren) habe, dann kann MW 15 ja nun kaum noch als "schwer" bezeichnet werden. Die Benennung ist also nur auf einen einzigen Skillwert bezogen, müsste aber relativ zum Skill betrachtet werden, um allgemeingültig zu sein. Vielleicht übersehe ich das aber auch nur im GRW.

@Man muss für schnelles Spiel immer Werte aus dem Ärmel schütteln:
Das ist es, was ich meine. Wenn man nicht bereit ist, alte Konventionen und Traditionen zu hinterfragen, dann hat man auch nicht die Möglichkeit, etwas wirklich Neues zu machen.
Wer legt fest, dass man Werte IMMER zum schnellen Spiel aus dem Ärmel schütteln muss?

Das Argument mit der Initiative kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Dennoch, wie unterstützt EWS dabei? Ich sehe einen einfachen Mechanismus. 1W20+Mod gegen MW ist auch einfach.
Wenn die Handslungsreihenfolge angeblich so klar ist, wieso kommt es dann in Spielrunden trotzdem zu unterschiedlichen Ansichten und was tut EWS konkret, um diese Diskrepanzen unter den Mitspielern aufzulösen?
Dasselbe gilt für die Zeiteinteilung "Runde". Das ist allenfalls ein Name, aber er unterstüzt nichts. der Mitspieler weiss dann immer noch nicht, was man alles tun kann. Problematischer ist es zudem, wenn irgendwo "1Runde = 6 Sekunden" o.Ä. steht. Dann ist nämlich genau nichts gewonnen, weil man den Zeitablauf in Game überhaupt nicht nachhalten kann.
Auch das sind traditionelle Ansätze aber sicher keine neuen.

Eine Möglichkeit zur Kommunikation des Vorstellungsraumes hast du bei den Reichweiten angeführt:
Anstatt Reichweiten Zonen zu benutzen ist nämlich auch etwas, was ich anpeilen würde. Man sieht daran, das Reduktion der Komplexität (siehe oben Reichweiten, Reduktion von einem 10er Zahlensystem auf 3 Zonen), dazu führt, dass unterschiedliche Spieler zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen und das wirkt dann konkret der Willkürlichkeit entgegen.
Natürlich verliert man dann Detaildichte.
Dieses Dilemma aufzulösen, wäre AUCH ein Bereich, auf dem man mit einem neuen RPG eine Menge Boden gut machen könnte.

Eine Möglichkeit wäre eine Art Verhandlungssystem über Werte auf der out-Game Ebene zu implementieren.

Und wenn bis hier gelesen wurde, die Belohnung:
Ich finde, das Ein-Würfel-System an sich ist in jedem Fall ein guter Ansatz, aus dem man ein brauchbares RPG entwickeln kann. Insbesondere den Ansatz, dass man in jedem Fall beschadet aus dem Konflikt kommt, den Schaden aber durch gute Performance (hohe Probenqualität senken und auf Null bringen kann). Zum einen ist es mutig, den Simulationspfad zu verlassen und zu sagen: Ich pfeife auf den Ingame verlaufen, ich gehe einfach davon aus, dass jeder im Kampf treffer einsteckt und zum Anderen erlaubt das echte taktische Überlegungen, weil man die Konsequenzen besser einplanen kann.
Wo man bei vielen Traditionalisten auf Durchzug stößt, ist dann aber leider, gerade die Kämpfe in einem einzigen Wurf aufzulösen.


Arne Babenhauserheide:

+Falk Flak

Plattform

Leider ja - 1w6.org hat auch normale Kommentare. Ich diskutiere eigentlich lieber da, aber seit G+ schreiben irgendwie fast alle nur noch hier…

Die Argumente zum Spielgefühl sind natürlich persönliche Erfahrung - zusammen mit den Berichten von anderen (mit denen ich z.B. im Fall von Achim bisher selbst nie gespielt habe). Spieledesign ist keine exakte Wissenschaft (ehrlich gesagt ist Wissenschaft auch keine exakte Wissenschaft…), und die Auswirkungen von Regeln im Spiel sind nicht komplett vorhersehbar.

Schwierigkeiten

Die Schwierigkeiten sind bezogen auf normale Menschen, die die entsprechende Fertigkeit als Beruf machen. „Schwer“ beschreibt die Chance von Leuten, die das gelernt haben. Wenn du erfahren bist (15), ist für dich eine schwere Aufgabe nur noch so schwer wie für Andere (mit 12) eine fordernde. Das ändert aber nicht die Aufgabe (die SL muss also die Mindestwürfe nicht ändern, wenn es andere Charaktere gibt - ja, auch das ist klassisch).

Initiative

Das EWS unterstützt den Verzicht auf Initiative dadurch, dass es den Unterschied zwischen Angreifer und Verteidiger reduziert. Im Ein-Wurf-System ist der vollständig aufgehoben, im Fokusmodul Kampf hat der Angreifer den Vorteil, dass er bei Gleichstand trifft (ähnlich wie in Shadowrun).

Wir verwenden übrigens normalerweise das Fokusmodul Kampf, weil unsere Spiele recht kampflastig sind.

Die Zeiteinteilung geht ähnlich: Das EWS legt grob fest, welche Handlungen du machen kannst (zweimal Schusswaffe, einmal Nahkampf, weil du beim Nahkampf auch bei der Verteidigung treffen kannst) und überlässt das ansonsten der Runde.

Grundprinzip: Regele nur, was wirklich geregelt werden muss, aber bei dem, was geregelt werden muss, triff klare Entscheidungen.

Reichweiten - Zonen

Die Reichweiten als Zonen sind bisher ja auch schon so - nur dass die Zonen halt in Entfernung beschrieben sind.

Ich denke allerdings, dass der Begriff Zone (bzw. überhaupt dem einen Namen zu geben) Spieler aus der Handlung reißt. Die Frage darf nicht heißen “ist er in der Nahkampf-Zone”, sondern “kann ich ihn im Nahkampf erreichen?”

Kein out-game Verhandlungssystem, sondern konsequent in-game bleiben. Regeln minimieren und konkret halten.

Denn die Detaildichte ist ja da: In der Spielbeschreibung. Hier muss immer klar und einfach sein, wie diese Detaildichte die Regeln beeinflusst. Dann kann ein Spieler z.B. sagen „aber ich habe doch hier…“ und die SL antwortet „stimmt. Bonus von drei, wirf!“. Oder auch „stimmt. Wenn du das benutzt und es schief geht, ist es kaputt. Du bekommst aber einen Bonus von 3. Willst du es nutzen?“

Dieser Minimalismus ist zumindest der Anspruch an die Grundregeln. Module können dann gerne anderes machen (und tun das auch). Aber damit Module die Freiheit haben, hier in alle Richtungen zu gehen, müssen die Grundregeln minimal sein.

Das Ein-Wurf-System ist übrigens eigentlich ein allgemeines System zum Ausgang von Konflikten, bei dem sich zwei feindlich gegenüberstehen: Normalerweise kostet ein Konflikt immer beide Seiten etwas.

Das hier ist, wie ich mir detailliertere Kämpfer wünsche: http://1w6.org/deutsch/module/taktische-kaempfe-takm

Und wenn du Konfliktsysteme verallgemeinern willst, findest du dazu Notizen in einem Entwurf, den ich nach einer Diskussion in Tanelorn geschrieben habe: http://1w6.org/forum/allgemeines/regeln-welten-ideen/2012-06-05-eskalieren-weitermachen-zu-einem-preis-546


Falk Flak:

Naja, ich sehe das so: so lange das Ganze im Endeffekt von der Auslegung einer Person abhängt, kann man auch nicht von klaren und konkreten Regeln sprechen.

m.E. ist es auch kein Argument, die Kreativität der Spieler bei der Auslegung g("Ich mache jetzt aber lieber dies und das, welche Vorteile habe ich?") als Leistung eines Systems für sich zu beanspruchen. Für mich heißt das dann einfach, das etwas NICHT verriegelt ist.

P.s. ich nutze G+ auch nur aus Widerwillen, weil es jeder nutzt und ich mich nicht dagegen stellen will. Für Diskussionen, Projektentwicklung etc. Ist das alles hier aber gar nicht gedacht, sondern eher dazu sein Mittagessen zu photographieren und hochzuladen. Aber das merken die Leute auch noch.


Arne Babenhauserheide:

+Falk Flak Das Argument ist, dass ein Regelwerk genau wissen muss, was es regeln will und was explizit nicht.

Das Regelwerk soll nur da greifen, wo es gebraucht wird, und dann soll die Anwendung der Regeln eine Bedeutung haben.

PS: Darf ich unsere Diskussion auf 1w6.org übernehmen? (frei lizensiert) Ich finde sie spannend und würde sie gerne erhalten.


Falk Flak:

Das das RW dies muss, steht außer Zweifel, die Frage ist, ob es das KANN. Mit diesem, deinem, klassischen Ansatz will ich das stark bezweifeln und selbst oder vor Allem, wenn man es erzählerischer löst, fallen viele wichtige Details unter den Tisch, die mechanisch NICHT zuverlässig, klar, explizit - wie auch immer du das nennen willst - erfasst werden können.

Jedenfalls nicht mit den Ansätzen, die uns community zurzeit zur Verfügung stehen. Das zu akzeptieren - wenn man schon nicht daran arbeiten will - ist der beste Weg zu einem runden RPG. Wo das nicht so ist, sieht man immer dort, wo versucht wird, klassische RPG als klar und explizit "zu verkaufen".

Ganz ehrlich, ich fühle mich schon seit Jahren von Entwicklern durch solche Aussagen verarscht. Mit denselben Versprechungen zog man schon damals Spieler zu DSA3. Das muss natürlich keine böse Absicht sein, sondern viele machen sich vielleicht etwas vor.

Ein, und meines Wissens einziger, ehrlicher Umgang mit dieser Unschärfe kenne ich nur von Risus, das m.E. auch von einem großen Weitblick des Entwicklers zeugt.

Embrace the Willkür or else fight it.

Nur als Denkenstoß.
Du darfst die Diskussion natürlich gerne auf 1w6.org übernehmen, ich denke, dass sie helfen kann. aber schick mir doch bitte den link.

Bild von Drak

Risus, Berufe,

Erstmal hier der Link: http://1w6.org/deutsch/regeln/hintergruende/was-ist-neu-am-ews#comment-3088

War es Risus, bei dem man Boni erhält, wenn die eigene Fähigkeit stärker für die Aufgabe spezialisiert ist als die des Gegners? Das ist ein sehr cooler Mechanismus, den das EWS mit den Berufen und verwandten Fertigkeiten nur teilweise einbindet.

Meine Vermutung ist aktuell, dass wir noch nicht die gleiche Bedeutung von explizit meinen.

Wenn die Charaktere vor einer Aufgabe stehen, frage ich nicht „hat jemand [Fertigkeit X]?“, sondern „hat jemand einen passenden Wert?“

Die Spieler sagen, was sie passendes haben, und wenn jemand fragt „kann ich das mit [Wert Y]?“, antworte ich „passt es dazu, wie du dir deinen Charakter vorstellst?“

Das schlimmste, was dann bisher passierte war, dass ich einen Malus von 3 vergeben habe, weil das doch allen in der Runde zu weit hergeholt erschien. Sollte es sehr oft passieren, bitte ich den Spieler, entweder die Fertigkeit zu einem Beruf zu machen, oder den Beruf zu einem breiten Beruf - und dann ist es in Zukunft OK.

(Die Berufe im EWS sind im Endeffekt das Äquivalent zu Klischees, nur noch zusätzlich mit optionalen Spezialisierungen. Ich denke, den Besten Einblick darein gibt der Entwurf für den Charakterbogen von EWS 3: http://1w6.org/deutsch/regeln/charakterhefte/3.0-beta2)

Hier bedeutet explizit, dass sich das Regelwerk explizit aus der Definition heraushält, was ein bestimmter Beruf kann (oder auch nur, welche es gibt), aber, wenn jemand auf etwas würfelt, explizit festlegt, welche Auswirkungen die Probe hat.

Das gleiche gilt für Eigenschaften: Es ist nicht die Aufgabe der Grundregeln festzulegen, welche Eigenschaften es gibt. Sie legen nur fest, was Eigenschaften regeltechnisch bedeuten. Entsprechend hatten wir schon einen Char der die Eigenschaft „meine Freundin“ hatte: Da im Hintergrund beschrieben war, was seine Freundin macht, war auch klar, worauf die Eigenschaft Boni gibt. Das Regelwerk hat hier gesagt „Die Eigenschaft gibt Boni und kann Schaden auffangen - gibt dann aber weniger Boni“ sich aber aus der Definition der Eigenschaft selbst explizit herausgehalten.

Ein Grund für diese Zurückhaltung ist, dass jede Definition der Eigenschaften Weltenbastler und Spieler ernschränkt. Stattdessen versuche ich Mechanismen zu finden, durch die definierte Listen unnötig sind.

Aber mal von meinen Erklärungen abgesehen: Es klingt, als hättest du schon Ideen, wie einige der aktuellen Unklarheiten angegangen werden könnten. Wenn du Lust hast zu versuchen, ein paar davon mit dem EWS umzusetzen, helfe ich dir sehr gerne dabei.

PS: Falk von Hoch ist gut? Darf ich von deinem Namen einen Link auf dein Blog setzen?

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„Das EWS ist ein rundum gelun­ge­nes Sys­tem, wenn es darum geht, mit ein­fa­chen Regeln eine Rol­len­spiel­runde aus dem Boden zu stamp­fen.“
— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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