1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Spielbalance - welche Rolle hat der Char in der Gruppe?

Bild von Drak

Von der Seifenkiste herab... hat gerade zu Spielbalance über alles? geschrieben, und nachdem mein Kommentar Artikelausmaße angenommen hat, poste ich ihn auch hier :)

Ich denke, Spielbalance hat einen guten Grund, wird aber leicht als "Charaktere sind in jeder Situation gleich stark" falsch verstanden.

Wenn die Spielbalance nicht passt, entstehen leicht Probleme, die die SL dann kompensieren muss.

Spielbalance heißt für mich allerdings: "Charaktere stehlen sich nicht (ständig) gegenseitig die Show"

z.B. spiele ich in unserer aktuellen Space Runde ( RaumZeit ) eine verdammt mächtige Psionikerin, die ohne Probleme 3 Tonnen heben und Leute zerquetschen kann.

Das wäre normalerweise ein typischer Kandidat für "und was mach ich hier?" Frust bei anderen, aber sie hat einige Einschränkungen.

Die für Kämpfe relevanten sind:

  • Sie kann ihren eigenen Körper nicht beeinflussen. Kein Schweben, keine Selbstheilung, und ja, sie geht zu Fuß, wenn kein Schiff da ist, und sie blickt oft genug neidisch auf unsere viel schwächere psi-aktive Technikerin, die sich fröhlich durch die Gegend levitiert.

  • Psi braucht Zeit. Das heißt: Ich kann pro Runde nur ein Ziel beeinflussen, bei komplexerem brauche ich auch mal länger. Unsere Fernkämpfer halten in der gleichen Zeit zweimal drauf, und unsere Nahkämpfer verteidigen sich gegen jeden, der angreift (wenn auch mit Mali).

Allein dadurch hat sie in Kämpfen eine bestimmte Rolle und kann anderen nicht die Rolle stehlen - z.B. klettert sie die Leiter rauf, während die Technikerin bereits oben am schaffen ist.

Und das waren nur Kämpfe.

Dazu kommt, dass sie erpressbar ist (der Körper ihrer toten Geliebten liegt in einer Kryokapsel im Schiff), dass sie keine Rücksicht auf sich selbst nimmt und dadurch oft genug fast völlig handlungsunfähig wird.

Dann steht sie voll und ganz hinter der Crew - was ihre Handlungsfreiheit weiter einschränkt.

Aus den Erfahrungen würde ich sagen:

Spielbalance heißt, jeder Charakter findet (unterstützt durch das Regelwerk und/oder die Welt) eine Rolle, die er ausfüllt (z.B. weil er am kompetentesten darin ist) und damit (einen fairen Anteil am) Rampenlicht erhält.

Damit ist dann das Spiel im Gleichgewicht und die Spielbalance gewahrt.

Ein Beispiel in dem die Welt das unterstützt ist Werwolf. Ich habe eine Gaillard gespielt, die in ihrem Leben nie erzählt hat (sondern mmer nur geschrieben). Aber da in einem Rudel der Gaillard aus Prinzip der Erzähler ist und bei Treffen die Geschichte des Rudels erzählt (oder singt), lernt sie es nun - und damit hat sie eine Rolle, die ihr einen Teil des Rampenlichts gibt (und Spaß macht zu spielen).

Ein Beispiel, wie das auch gemacht werden könnte, sind wechselnde Anführer. Je nach Aufgabe, oder sogar je nach Spielabend könnte (InPlay) der Anführer wechseln - vielleicht sogar jede einzelne Rolle. Auf die Art erlebt jeder jede Rolle, und mit der Zeit können sich Rollen für jeden Charakter stabilisieren/entwickeln, wenn sie einfach zu dem Char und der Spielerin passen.

Wenn das Regelwerk diese Rollenaufteilung unterstützt, bietet es eine gute Grundlage für Spielbalance. Da die verfügbaren Rollen aber von der Gruppe und der Kampagne abhängen, kann ein Regelwerk die Spielbalance vor allem für bestimmte Grundsituationen fördern - wenn DnD Charaktere sich entscheiden Diplomaten zu werden oder eine Gruppe Psioniker sich plötzlich entschließt, drei Jahre lang die Matrix zu erkunden, können Rollenzuteilungen durch das Regelwerk hinderlich werden. Und da ich die Möglichkeit zum Wechsel des Kampagnenthemas gut finde, sollte das Regelwerk für mich nicht zu stark auf eine Grundsituation optimieren, oder es Runden ermöglichen jeweils auf ihre Situation zu optimieren, und dafür vielleicht sogar Charaktere umzustellen, wenn die Grundsituationen sich ändern.

Fazit

Spielbalance ist wichtig, solange sie einfach bedeutet, dass jeder Charakter seinen Anteil am Rampenlicht bekommt.

Sie muss nicht unbedingt in jedem Aspekt des Spiels gewahrt sein, sondern nur über den Spielabend hinweg.

Ideal ist es allerdings, wenn jeder (fast) immer zumindest unterstützen kann (also nie untätig rumsitzen muss) und gleichzeitig jeder während dem Spielabend mindestens einmal die Hauptrolle hat.

Für das EWS gibt es dafür die Möglichkeit, unterstützende Fertigkeitswürfe zwischen den Charakteren einzuführen. Wenn ein Charakter vor einer Herausforderung steht, können die anderen Charakter ihm Boni verschaffen, wenn sie passende Fertigkeiten haben. Dafür beschreiben die Spieler, wie sie ihn unterstützen und würfeln dann auf die passende Fertigkeit.

Gelingt eine Probe gegen den Mindestwurf (von der SL festgelegt, je nachdem wie gut die Fertigkeit passt. Meist fordernd: 12), erhält der aktuelle Hauptcharakter einen Bonus von 1 pro +, das der unterstützende Charakter in der Fertigkeit hat.

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Bild von PiHalbe

Nischenschutz vs. gleichzeitige Beteiligung

Nischenschutz vs. gleichzeitige Beteiligung

Tja, da spielen auch immer zwei verschiedene Aspekte gegen einander. Auf der einen Seite der sogenannte "Nischenschutz", auf der anderen der Wunsch, dass jeder Spieler sich zu jeder Zeit beteiligen kann.

Nischenschutz bewirkt, dass jeder Charakter auf seinem Gebiet der Beste ist. Der Krieger darf also nicht besser begeistern oder verführen, als der Barde. Dafür sollte der Barde niemals so gut drauf hauen können und auch nicht so gut heilen oder Dämonen besiegen, wie der Prediger. Und so weiter. Denn ansonsten würde sich der Spieler fragen, wofür er denn überhaupt da ist.

Andererseits ist es ja doof, wenn der Barde im Kampf nur nebendran steht und hofft, nicht zu sterben. Ebenso will der Krieger auch die Möglichkeit haben, dem Barden bei der Überzeugungsarbeit zu helfen. Und beide sollten nicht einfach nur dumm rum stehen können, wenn der Prediger einen Dämon austreibt. Denn das wäre einfach langweilig für die Anderen, die dann zu Zuschauern in ihrem eigenen Spiel geworden sind.

Die Gleichzeitige Erfüllung dieser beiden Aspekte, das ist für mich das Balancing. Das lässt sich meines Erachtens nicht dadurch erreichen, dass man jeder Klasse einen einzigartigen Effekt gibt, für den es keine Alternativen gibt. Aber es schadet nicht, wenn der Charakter eine Fähigkeit hat, die ein Problem auf eine andere, effektivere Weise löst. Dennoch können auch die anderen Charaktere dazu beitragen. Dadurch besitzen Charaktere noch immer ihren Fokus, ihre Spotlight-Situationen, werden aber nicht obsolet, wenn andere Charaktere im Fokus stehen.

Verschiedene Charaktere sollten die Aufgaben auf verschiedene Weisen lösen können. Jeder Charakter hat so seinen eigenen Stil, der ihn von den anderen Charakteren abgrenzt. Das macht ihn zu etwas besonderem, auch wenn alle Charaktere gleichzeitig gefordert sind. verschiedene facetten, stile

Ein nettes Beispiel, wie man das in den Regeln verankern kann, ist meines Erachtens storyDSA )Dank an Dom). Es ist ein klassisches Fantasy-Rollenspiel mit Konflikten (statt Aufgaben). Dabei wird ein Konflikt zum Erreichen eines Ziels ausgelobt (unabhängig von der Methode). An den Spielern liegt es, zu beschreiben, wie sie daran gehen. Es gilt, gemeinsam sind sie stark; wenn jeder würfelt sind die Konfliktpunkte schneller abgearbeitet. Geht es darum, in ein Haus einzudringen, wird also der Dieb auf Schlösser knacken würfeln und eine entsprechende Beschreibung abliefern. Aber der Entdecker muss nicht gelangweilt daneben stehen, er kann Wache halten und zum Beispiel mit Sinnesschärfe zum Konflikt beitragen. So kann er verhindern, dass die beiden vorher von der Wache entdeckt werden (die Konsequenzen, sollten die Spieler den Konflikt verlieren). Und auch der Tsa-Geweihte kann dem schweißtriefenden, nervösen Dieb helfen, den Schweiß von der Stirn tupfen, das Werkzeug anreichen und ihn beschwichtigen - und letztendlich etwa auf Heilkunde Seele würfeln.

So hat jeder Charakter die Möglichkeit, konstruktiv beizutragen. Aber rein erzählerisch liegt der Schwerpunkt natürlich auf dem Dieb. Und jeder Charakter tut sich durch seinen eigenen Stil hervor, wie er die Dinge angeht. Es gibt immer viele Möglichkeiten, ein Ziel zu erreichen.

Balancing ist also nicht nur bei den Charakteren, sondern auch im Regelsystem selbst - in der Abhandlung der Regelrelevanten Abläufe - verankert. Diese Methode erscheint mir auch wesentlich einfacher, als die D&D-Variante, wenn sie auch ein wenig den Crunch aus dem Spiel nimmt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Das Konfliktmodul, was solch ein Vorgehen erlaubt, gibt es übrigens auch für das EWS! :-)

Bild von Drak

Tolle Beschreibung vom Konflikt!

Deine Beschreibung des Konfliktes (und der Rollen der Chars darin) ist klasse!

Und ich denke, du hast Recht: Konflikte lösen das Problem weitgehend, bzw. geben Regelmechanismen, die viel einfacher sind als umfangreiches Klassendefinitionen prüfen.

Wobei mir gerade auffällt, dass sich der Ablauf in deinem Beispiel auch mit einem deutlich einfacheren System erreichen lässt: Unterstützende Proben.

Dabei geben je 3 Punkte über dem Mindestwurf einen Punkt Bonus auf eine andere Probe (der Einfachheit/Geschwindigkeit halber kann auch einfach ein Punkte je 3 Punkte über 9 oder sogar "ein Punkt je + in der Fertigkeit oder Eigenschaft" genommen werden).

Damit sind zwei Ansätze möglich:

  • Standard ist die Einzelprobe, die durch unterstützende Proben auf Konflikte erweitert wird.
  • Standard ist der Konflikt, der durch "nur eine Beteiligte" + "nur eine Runde" zu einer einfachen Probe mit Mindestwurf wird (Mindestwurf z.B. 9 + 3*notwendige Punkte).

Rein regeltechnische Überlegungen

Habe mich mal daran gemacht, etwas über grundlegende Unterschiede von probenbasierten und konfliktbasierten Regeln nachzudenken - erstmal in einer einfachen Vor- und Nachteilsliste.

Ich beziehe mich dabei nur auf mein eigenes, sicher unvollständiges Verständnis von Konflikten und lasse mich gerne korrigieren :)

Einzelprobe
  • Vorteile:
    • Einfache Bemessung der Schwierigkeiten: Einfach die Namen der Schwierigkeiten (relativ zu den Werten der Charaktere) nehmen.
    • Bereits weitreichend getestet und Chancen durchgerechnet.
  • Nachteile:
    • Wenn die Hindernisse, die die SL den Spielern in den Weg legt, für Gruppenkonflikte bemessen wird, können Einzelaktionen extrem schwierig werden - was aber auch ein Vorteil sein kann :)
Konflikt
  • Vorteile:
    • Gruppenkonflikte sind die Norm und damit regeltechnisch leichter zu nutzen und v.a. zu beschreiben.
    • Weit klarere Unterstützung für unterschiedliche Dauer und mehrfache Proben durch unterschiedliche und auch die gleichen Chars.
    • Richtlinien können klarer gefasst werden, da sie nicht so sehr darauf achten müssen, die drunterliegende Mechanik (einfache Proben) gleich zu lassen.
    • Richtlinien für das gemeinschaftliche Erzählen können leichter entworfen werden (bzw. werden überhaupt gemacht) und es ist möglich, sie in die Regeln zu integrieren.
  • Nachteile:
    • Die Bemessung von Schwierigkeiten ist (zumindest aktuell für mich) schwerer zu berechnen.
    • noch zu wenig getestet (das wird sich hoffentlich bald ändern!)

PS: Das Konfliktmodul.

Bild von Drak

Unterstützende Fertigkeiten

Die Woche ist mir ein noch einfacherer Weg eingefallen.

Bisher kann ein Char auf eine Probe Boni aus verwandten Fertigkeiten erhalten (je + einen Punkt).

Wenn wir das auf Gruppen ausdehnen, bedeutet das, das er auch Boni von den Fertigkeiten der anderen erhalten kann, wenn die ihre Fertigkeiten nutzen.

Auf die Art wird ein Hybrid zwischen Probe und Konflikt geschaffen:

  • Der Fokus liegt auf einem Char (Rampenlicht in der eigenen Spezialität)
  • Alle tragen etwas bei
  • Es gibt eine Probe, die am Ende alles entscheidet (Spannung) -> "Jetzt hängt alles von dir ab."

Regelwerk dazu:
Jeder Beteiligte Charakter kann etwas Beitragen, indem er eine in der Situation passende Probe würfelt.
Für jede gelungene Probe erhält der Fokuscharakter ein Punkt Bonus plus einen weiteren je 3 Punkte Differenz.
Am Ende würfelt der Fokuscharakter die alles entscheidende Probe.

Zusätzlich können die unterstützenden Proben auch langfristige Storytechnische Effekte haben. Vielleicht ist die wichtigste Frage in einem Abenteuer, ob sie den schreienden Betrunkenen am Straßenrand erschießen, oder ob sie ihm helfen und erkennen, dass er ein ehemaliger Kybernetik-Techniker ist, der aus seiner Firma ausgestiegen ist, als die angefangen haben, mit kaum geborenen Kindern zu experimentieren. -> Wer außer mir liebt noch die Subplots aus Computer-RPGs? :)

Eigentlich ging es bei der Probe aber nur darum, dafür zu sorgen, dass die Wachen die Chars nicht entdecken, d.h. der Betrunkene durfte keine Aufmerksamkeit auf sie lenken.

PS: Fokuscharakter liest sich sehr seltsam :)

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— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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