1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Für welche Runden eignet sich das EWS?

Bild von Drak

Das EWS eignet sich für Runden in denen schnelle, klare Ergebnisse von Handlungen und plastische Charaktere mit deutlichen Erkennungsmerkmalen gewünscht sind.

Die Struktur des EWS unterstützt nach unserer Erfahrung bestimmte Spielstile besser als andere.

Das Grundprinzip ist dabei: Ein Würfelwurf trifft eine Entscheidung.

Sehr gut eignet es sich dadurch für lockere Runden mit relativ klar definierten Charakteren. Beruf und Hintergrund und die vollständig selbstgewählten und -definierten Fertigkeiten und Eigenschaften lassen Charaktere sehr plastisch werden und es entsteht selten ein kritischer Mangel einer bestimmten Fähigkeit, auch wenn sie nicht explizit auf einem Charakterblatt steht (irgendwie können die Charaktere meistens weiterkommen).

Gleichzeitig laufen Interaktionen schnell und flüssig und Sieg oder Niederlage sind meist deutlich: Ein Treffer ist meist ein richtiger Treffer. Entsprechend ist es aber weniger geeignet für taktische Stellungsspiele und Runden, in denen Charaktere wenig Einfluss auf die Welt haben sollen. Das Würfelsystem gibt dafür zu klare Ergebnisse (allerdings können alternative Zufallssysteme (AZul) hier teilweise Abhilfe schaffen). Klare Ergebnisse heißt: Ein Mindestwurf wird selten nur knapp erreicht (mit etwa 1/6 Chance), sondern meist entweder deutlich erreicht oder deutlich verfehlt (da die möglichen Würfelergebnisse je 2 Punkte Abstand haben, um ±0 sogar 3 Punkte).

Für sehr taktische Spiele, in denen jedes kleinste Detail zählen soll, würde ich daher eher Gurps® empfehlen, da hier die Ergebnisse stärker in einen kleinen Bereich gesammelt werden (Glockenkurve) und so ein kleiner Unterschied in dem sensitiven Bereich um 10 herum mehr ausmacht und dafür in unsensitiven Bereichen viel weniger.

Für sehr spezielle Runden im Stil von Sorceror oder Universalis kann das EWS zwar angepasst werden, allerdings würde ich das nur für Runden empfehlen, für die es noch kein gutes spezialisiertes Regelwerk gibt, das euch die Arbeit abnimmt, es sei denn, es ist euch (wie mir) wichtig, ein echt freies (also frei lizensiertes) Regelwerk zu nutzen.

Allerdings hat es für eine Katzulhu-Runde sehr gut funktioniert, und auch der Einsatz in einer Runde um Motivation in einem Alternativen England mit Technologie des 19. Jahrhunderts und einer Anti-Motivations-Kirche war ein voller Erfolg.

Gut eignet es sich auch für offene Crossover-Runden (wir spielen dann und wann in der "Stadt zwischen den Welten") und freie Fantasy-Runden ("was wolltet ihr schon immer mal spielen?"), wo es eine seiner großen Stärken ausspielen kann: Sehr plastische Charaktere ("Ich bin zu stolz, um zu Boden zu gehen", "Das kann ein Wartungsroboter wie ich" oder "Ich bin Jäger. Natürlich kann ich Fallen stellen").

Allerdings treten die Fähigkeiten leicht in den Vordergrund, weil die Effekte von Handlungen deutlich sind.

Auch hier gilt: Wenn ihr wollt, dass Unterschiede in Fähigkeiten nicht ganz so deutlich werden, oder wollt, dass sie sehr genau definiert werden müssen, nehmt eher ein System wie Gurps®. Allerdings können mit dem EWS Charaktere immernoch mit deutlich feineren Abstufungen beschrieben werden, als z.B. mit dem System der World of Darkness® oder mit Fudge™ oder FATE™.

Wenn ihr nun Charaktere wollt, die klare Erkennungsmerkmale haben und trotzdem wenig Schreibarbeit sind, und bereit seid, dafür auf etwas Eindeutigkeit zu verzichten (typisches Zitat: "Kann ich dafür auf 'Assassine' würfeln?" "Passt es zu deiner Vorstellung von Assassinen? Hat dein Charakter es als Assassine gelernt?"), dann passt das EWS wahrscheinlich zu eurem Spielstil.

Falls ihr bereit seid, Fähigkeiten selbst weiter auszuarbeiten (z.B. für eure Welt), könnt ihr die Eindeutigkeit zurück bekommen. Dafür müsst ihr nur definieren, was z.B. Assassinen bei euch lernen (oder z.B. was Assassinen aus der "Schule" lernen, die der Charakter besucht hat) und welche Eigenschaften zu welchen Fertigkeiten passen (also ihnen Boni geben). Wenn ihr das allgemein für jeden Charakter der Welt macht, verschenkt ihr allerdings die Offenheit, durch die das EWS es ermöglicht Charaktere einzigartiger zu machen, es sei denn, ihr definiert das für jeden Charakter individuell (das gibt euch dann Eindeutigkeit und Individualität, ist aber auch die meiste Arbeit). Meist enthält spätestens nach ein paar Runden die Charaktergeschichte bereits die gleichen Informationen, so dass sich die Eindeutigkeit nach einiger Zeit automatisch ergibt ("Ah, die Art von Pilot bist du.").

Im Zweifelsfall gilt: Probiert es einfach aus.

Fazit: Das EWS eignet sich nach unserer Erfahrung für Runden in denen schnelle, klare Ergebnisse von Handlungen und plastische Charaktere mit deutlichen Erkennungsmerkmalen gewünscht sind.

Da wir es seit 2004 knapp alle zwei Wochen in unserer durchlaufenden RaumZeit-Kampagne "Wächter der Zeit" spielen, sind passende Runden recht wahrscheinlich nicht nur Einzelknaller, auch wenn klare Charaktere vor allem bei kurzen Runden sehr praktisch sind, sondern auch lange laufende Kampagnen.

Das alles gilt natürlich mit der Einschränkung, dass die Spieler mit ihrer Freiheit umgehen können und eine Antwort auf die Frage finden "Was willst du spielen?". Durch Wahl eines Hintergrundes, der ihnen dabei hilft, kannst du die Antwort leichter machen. Beispielsweise liefert Technophob Vorschläge für 4 Arten von Charakteren. Dadurch kann ein Charakter auch durch einfaches Auswählen der passenden Werte erschaffen, gleichzeitig aber mit frei erschaffenen Werten darüber hinaus entwickelt werden.

Viel Spaß beim Spielen!

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Bild von PiHalbe

EWS & GURPS

Mir persönlich hängt die simulationistische Detailverliebtheit von GURPS mittlerweile zum Halse raus. Mit dem wesentlich freieren und persönlicherem EWS spiele ich lieber und werde darauf zurück greifen, wenn ich mal wieder ein Setting ohne Regelwerk habe. Denn dafür ist das EWS da.

Guter Artikel, dessen Argumentation ich gut nachvollziehen kann. Schließe mich Deiner Darlegung an.

Bild von Drak

EWS & Gurps

Ich finde Gurps toll als Ideenquelle :)

Die haben sich riesige Mühe gegeben, alles auszubalancieren, und das können wir nutzen, wenn wir selbst noch nicht genau wissen, wie sich eine bestimmte Fähigkeit oder Regel auswirken würde :)

Allerdings habe ich das EWS hauptsächlich deswegen angefangen, weil mir Gurps zu restriktiv/verregelt/simulationistisch/wie-auch-immer-man-das-beschreiben-kann war. Unsere High-Fantasykampagne in meiner Welt wurde nach meinem Gefühl durch die Verwendung von Gurps zu einer verstaubten taktisch-trockenen Realwelt mit etwas Fantasy.

Wenn ich mir dagegen die Runden anschaue, die wir mit dem EWS jetzt in der gleichen Welt spielen, sehe ich wieder viel mehr von der Vision, die ich anfangs beim erschaffen der Welt hatte: Eine Welt, in der wir unsere Fantasie ausleben können und die groß genug ist, dass auch krassere Geschichten nicht gleich zu Weltretterabenteuern werden müssen und so die ganze Welt gefährden.

Wir hatten Dimensionswandler, die sich mit jungen Drachen und angehenden Jedis gezofft haben (die letzteren waren die Spieler :) ), Runenmagier, deren langsame und manchmal unberechenbare aber mächtige Magie sie immer wieder in Schwierigkeiten bringt aber verdammt stilvoll ist (Runen, die langsam und leuchtend in die Luft gezeichnet werden sind toll!) und aktuell versuchen eine Untote Assassinin, ein Wurzelgnom, ein geflügelter Dämonenbeschwörer mit einer weißen Taube als dämonischem Begleiter und dann und wann ein fröhlicher Händler und ein Kampfmönch, auf den Spuren einer alten Prophezeihung der Wolfsmenschen die Entvölkerung der Narell Ebene zu verhinden, die fast sicher droht, wenn die Magie im Jahr der Zwillignssonne mit voller Macht zurückkehrt und der menschengroße Kraftkristall in der Magierstadt Karagos alle Kraft der Ebene auf die Stadt konzentriert.

Und ich liebe es wieder, in der Welt zu leiten. Sie hat durch den Wechsel des Regelsystems das Fantastische zurückgewonnen, das ich mir anfangs erträumt hatte, und das in der Gurps-Runde Stück für Stück geschwunden war (das ist einer der Gründe, warum ich denke, dass das Regelsystem sehr viel zum Spielgefühl einer Welt beiträgt).

Und ich finde es toll, dass du das EWS für Runden verwendest, für die ihr noch kein Regelwerk habt! Ich freue mich jedesmal wie ein kleines Kind (das ich hoffentlich teilweise immernoch bin) und lächle stundenlang, wenn ich einen Spielbericht von einer Runde von euch lese, in der ihr das EWS genutzt habt :)

(Genauer: Bisher war das jedesmal so :) )

Bild von PiHalbe

GURPS Quellenbücher

Ich mag GURPS immernoch für seine Quellenbücher. Die sind unglaublich gut recherchiert und spielfertig aufbereitet. Selten so ein gutes Quellbuch gelesen, wie GURPS Space. Wohlgemerkt: Quellen für die Hintergründe. Mit Spielstil hat das alles wenig zu tun.

Bild von Drak

Das geht mir auch so

Das geht mir definitiv auch so. Schon alleine, dass Space mit Regierungsformen anfängt...

Meiner Meinung nach sollte deswegen jeder Autor (egal ob nun von Rollenspielen üder Fantasy oder Science-Fiction Romanen) alle für seine Bücher relevanten Gurps-Bücher mindestens einmal gelesen haben. Und wer immer eine Religion für seine Welt erschafft, sollte Gurps Religion lesen, damit die Religion auch so funktionieren kann. Allerdings habe ich etwas Sorgen, dass selbsternannte Gurus das gleiche tun könnten, um sich eine perfekte Religion für die Realität zu schustern ;)

Und das gleiche gilt für viele andere tolle Bücher. Hast du mal im 3rd Ed. Kompendium gestöbert? Es liefert genug Ideen, um die verschiedensten eigenen Welten aufzubauen (deswegen ist es mir auch so wichtig, dass Gurps Regelschnipsel und Vor- und Nachteile direkt im EWS genutzt werden können. Sie sind einfach eine geniale Quelle für Ideen, die so jede EWS-Runde direkt verwenden kann).

Und wenn ich überlege, was eine bestimmte Regel erfüllen muss, um realistisch zu sein, schaue ich meistens als erstes einfach in Gurps nach (zumindest wenn sie aus einem Bereich ist, in dem ich das nicht per Überschlagsrechnung kann). Danach überlege ich dann, wie exakt sie sein sollte, und wie sie funktionieren sollte, um das richtige Spielgefühl zu vermitteln und passe sie dafür an, aber Gurps liefert eine stabile Basis von der aus ich Regeln entwickeln kann, ohne Sorgen haben zu müssen, dass sie das Spielgleichgewicht völlig brechen. Die Gurps-Entwickler haben sich einfach wirklich viele Gedanken darum gemacht, wie alle verschiedenen Regeln gegenüber allen anderen ausgeglichen werden können, und für Systementwickler ist das extrem praktisch.

Und ich kaufe auch heute noch Gurps-Bücher, obwohl ich fast nur noch EWS leite.

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„Dass man alle abs­trak­ten Werte benennt, macht den Ein­stieg wun­der­bar ein­fach und intuitiv.“
— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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