1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Techniken zur Handlungsabwicklung

Bild von Drak

Techniken: Ein Wurf, mehrfache Proben, Nebenwirkungen und Hebel

Konfliktsysteme nutzen oft komplexere Techniken als Aufgabensysteme. Grundlegend ist es für die Techniken aber egal, wofür sie genutzt werden.

Um Handlungen aufzulösen gibt es grundlegend zwei Unterscheidungen:

  1. Jemand will etwas erreichen. Die Frage ist hier „Schaffe ich es?“ oder „wie gut schaffe ich es?“
  2. Zwei Leute (Spielerinnen oder Charaktere) haben widerstreitende Ziele. Nur der bessere kann sein Ziel erreichen. Die Frage ist dann „wer schafft es?“ oder „wer ist besser, und wieviel besser?“

(interessante Idee dazu: Was machen wir, wenn die Spielerin etwas will, der Charakter aber nicht? Und woher wissen wir, dass der Charakter es nicht will? ;) )

Dazu gibt es noch Effekte, die bei beiden zum Tragen kommen können.

Etwas erreichen

Für den ersten Punkt gibt es mehrere Techniken, um zu prüfen, ob die Handlung Erfolg hat.

  • Einzelprobe: Einmal würfeln und das Ergebnis steht fest. Konkret: Eine Probe gegen einen Mindestwurf: Ist „Wert ±W6“ höher oder gleich der Schwierigkeit? Dabei kann es auch mehr als eine Schwierigkeit geben. Beispiel: Wenn mindestens 9 erreicht wird, kommt der Charakter irgendwie über die Mauer. Erreicht sie mindestens 15 springt er souverän darüber und die Gegner geben auf (weil sie keine Chance mehr sehen, ihn zu erwischen). Erreicht sie mindestens 24, erhält der Charakter außerdem eine Steigerungsmöglichkeit auf Klettern.

  • Unterstützende Handlungen: Mehrere Proben, die Boni auf die Hauptprobe geben. Konkret: Jeder Unterstützer würfelt. Gelingt die Unterstützungsprobe erhält der Charakter einen Punkt Bonus. Je 3 Punkte, die er über seiner Schwierigkeit würfelt geben einen weiteren Punkt Bonus auf die Hauptprobe. Die Hauptprobe: Erreicht „Wert ±W6 + Boni“ die Schwierigkeit? Beispiel: Der Charakter will die Mauer hochklettern und ein anderer Charakter hält ihm eine Räuberleiter. Zuerst würfelt der, der die Räuberleiter hält. Räuberleiter halten ist Routine, hat also eine Schwierigkeit von 6. Der Unterstützer hat auch klettern (auf 12) und nutzt das. Gelingt die Probe z.B. mit einer 4 (kommt also auf 16), erhält der kletternde Charakter 4 Punkte Bonus: 1 für die gelungene Unterstützungsprobe und 3 durch die 10 Punkte Differenz zur Schwierigkeit.
    Ähnlich funktioniert auch eine unterstützende Probe mit mehreren Hauptproben, wie bei Unterstützungszaubern oder motivierenden Reden.

  • Mehrere Proben: Mehrere gleichberechtigte Proben werden gewürfelt. z.B. könnten jeweils Punkte gesammelt und addiert werden, und wenn genügend Punkte zusammengekommen sind, gelingt die Probe.
    Die einfachste Version wäre z.B. „ihr müsst 5 Proben schaffen“. Eine etwas komplexere Version ist, zu würfeln wie bei unterstützenden Handlungen und die Handlung als geschafft zu werten, wenn genug Boni zusammengekommen sind. Beispiel: Um einen Sandsack über die Mauer zu hieven, würfelt einer unten mit Klettern (gegen 6: Für einen Kletterer Routine) und einer oben mit Stärke (gegen 12: Der Sandsack ist schwer). Pro gelungener Probe haben sie einen Erfolgspunkt plus einen Punkt je 3 Punkte über der Schwierigkeit. Die SL gibt einfach an, wieviele Erfolgspunkte nötig sind, damit sie ihr Ziel erreichen. Wenn 5 Erfolgspunkte nötig sind, der Kletterer auf 14 kommt (3 Erfolgspunkte) und der oben auf 17 (2 Punkte) schaffen sie es, den Sandsack im ersten Anlauf über die Mauer zu hieven.
    Ebenso könnte gesagt werden, dass die benötigte Zeit durch die Anzahl Erfolgspunkte geteilt wird. Noch eine weitere Möglichkeit ist, dass die SL festlegt, dass z.B. 3 Proben hintereinander gelingen müssen.

Zusätzlich gibt es offene Proben: Ich würfle und die SL überlegt sich je nachdem wie hoch ich würfle, ob die Probe etwas bewirkt. Effektiv sind das normale Proben, bei denen die Spielerin nicht weiß, wie hoch die Schwierigkeit ist.

Wettstreite

In einem Wettstreit geht es darum, dass zwei Charaktere sich gegenüberstehen. Um herauszufinden, wer gewinnt, können alle Techniken genutzt werden, mit denen ohne Wettstreit geprüft würde, ob eine Handlung Erfolg hat. Der grundlegende Unterschied ist, dass danach verglichen wird, wer besser ist.

Beispiel: Wenn zwei Gruppen den Sandsack über die Mauer hieven wollen und es nur darum geht, wer schneller ist, können sie mehrere Proben würfeln, und wer nach einer Runde (oder mehreren Runden) mehr Erfolgspunkte gesammelt hat, kommt zuerst über die Mauer.

Alternativ könnte auch abwechselnd gewürfelt werden, und es gewinnt, wer als erstes die nötigen Punkte hat.

In beiden Fällen gibt es zwei Ergebnisse:

  1. Wer ist besser? (da im 1w6-System im Zweifelsfall normalerweise derjenige gewinnt, der anfängt, gibt es meist kein „wir sind gleich gut“).
  2. Wie groß ist der Unterschied?

Am häufigsten verwendet das 1w6-System Wettstreite im Nahkampf. Beide würfeln und der bessere trifft. Der Unterschied zwischen den Ergebnissen wird auf den Waffenschaden addiert.

Auswirkungen und Modifikatoren

Etwas passiert

Die einfachste Auswirkung einer Probe ist, dass etwas passiert. Du hast die Klettern-Probe geschafft und kommst daher über die Mauer.

Hebel

Eine erfolgreiche Handlung muss allerdings nicht immer direkt bedeuten, dass festgelegt ist, was der Charakter macht. Genauso können die Charaktere auch um Handlungsmöglichkeiten kämpfen. PiHalbe nennt das „Hebel“. Dabei gibt eine bestimmte Probe dem Charakter bestimmte Möglichkeiten. wer z.B. beim Überzeugen sehr gut würfelt, kann seinen Gegenüber danach zu unterschiedlichen Handlungen bewegen, solange die nicht zu extrem sind.

Besonders deutlich wird das bei Zaubern. Nehmen wir z.B. einen Beherrschungszauber, der das Opfer dem Charakter gewogen macht. Klassischerweise ermöglicht der die Kontrolle des Ziels, solange das Ziel nicht zu Handlungen gezwungen wird, die seinem innersten Wesen widersprechen. Wenn wir es verallgemeinern, gibt der Beherrschungszauber die Möglichkeit, das Opfer zu bestimmten Handlungen zu bewegen, deren Schwierigkeit nicht höher ist als die Stärke des Zaubers.

Um daraus ein komplett allgemeines Beispiel zu erstellen, nehmen wir an, ein Charakter will sich als großen Helden präsentieren, damit ihm die Dorfbewohner gefällig sind (ich lese gerade den Earthdawn-Roman Prophecy :) ). Seine Spielerin stellt erst fest, wie gut sich der Charakter dabei anstellt. Ein Beispiel wäre eine Probe auf „prahlen” oder „bequatschen“. Hier eignet sich z.B. eine offene Probe: „so weit kann ich gehen“. Danach weiß sie, was der Charakter sich leisten kann, ohne nochmal würfeln zu müssen. Wenn die SL will, kann sie die Probe natürlich auch verdeckt würfeln, damit auch die Spielerin nicht weiß, was klappen wird und dadurch selbst etwas mehr Spannung erlebt.

Ein weiteres Beispiel, wo Hebel genutzt werden, ist das Modul Taktische Kämpfe (TakM). Hier kämpfen die Kontrahenten um die Möglichkeit, ihren Gegner verletzten oder ausschalten zu können, und nehmen dabei ihre Boni in die nächste Runde mit. Effektiv versuchen sie sich gegenseitig in die Enge zu treiben, bis sie den Kampf entscheiden können. Sie müssen den Kampf allerdings nicht entscheiden, auch wenn sie die Möglichkeit dazu haben, d.h. sie haben einen Hebel gegenüber dem anderen erkämpft.

PiHalbe nennt dazu noch die Möglichkeit, dass es ein Standard-Ergebnis gibt, die beiden Beteiligten sich aber auch für ein anderes Ergebnis entscheiden können. Ein Beispiel dazu im Kampf wäre „gib auf, oder du hattest mal eine Hand“. Natürlich ist das aber auch an anderen Stellen möglich.

Ein Beispiel aus Gerichtsverhandlungen (nach dem Würfeln, d.h. der Hebel ist bereits bekannt): „Wenn Sie jetzt nichts machen, bekomme ich Sie für 10 Jahre in den Knast. Wenn sie aussagen, kann ich meine Forderungen vermindern, dann kommen sie mit Kronzeugenregelung vielleicht sogar auf Bewährung raus“.

Als allgemeines Prinzip: Nach einer Probe hat der Charakter die Möglichkeit all das zu tun, dessen Schwierigkeit niedriger liegt als das Ergebnis der Probe. Alternativ: Er weiß was er tun kann und droht dem anderen damit. Der andere kann dann auch „Vorschläge“ für anderes annehmen. Je nach Spielstil kann das entweder auf der Charakterebene passieren (die Charaktere drohen sich direkt) oder auf Spielerin-SL-Ebene („Mein Charakter würde…“, „könnte mein Charakter nicht stattdessen…?“ oder „würdest du ihn auch von der Klippe stoßen, statt ihm das Schwert ins Herz zu rammen?“).

Nebenwirkungen

Der zweite Punkt, den PiHalbe nennt, sind Nebenwirkungen; am Beispiel von Time and Temps, bei dem jeder Erfolg der Charaktere das Raumzeitgefüge schwächt und jeder freiwillig genommene Misserfolg es stärkt.

Ein traditionelles System dafür ist die Erschöpfung, die oft mit Magie verbunden ist, oder die Möglichkeit, Erschöpfung zu akzeptieren und dafür einen Bonus auf eine Probe erhalten. Genauso auch Risiken von Magie und ähnlichem. Ein Beispiel aus dem 1w6-System ist Elementarmagie. Dabei erschöpft ein Effekt eine Magierin umso weniger, je stärker sie in Fluss mit den genutzten Elementen ist.

Für die Erschöpfung: Eine freiwillig genommene Erschöpfungswunde (heilt in einer Stunde, Malus von 3 auf alles, bis sie heilt) gibt einen Bonus von 3 auf die aktuelle Probe.

Ansonsten gibt es noch das Zahlen von Erfahrungspunkten für Erfolge (Deadlands mit Chips) und unkalkulierbare Risiken bei Magie (Warhammer Fantasy Roleplaying, Dämonenbeschwörung bei DSA und viele andere).

Weiter

Wir haben also verschiedene Techniken, die genutzt werden können, um Aufgaben oder Konflikte abzuhandeln.

Wenn ihr dazu noch Anmerkungen habt oder uns aus sonstigen Gründen schreiben wollt, dann tut es bitte! Wir freuen uns (fast) immer über Kommentare!

Nachdem wir also nun wissen, warum die jeweiligen Proben geworfen werden (also wer sie eigentlich will), was das konkret fürs würfeln bedeutet und welche Techniken wir zur Abhandlung der Proben haben, bleibt nur noch die Frage, wann welche Techniken sinnvoll sind. Darum geht es im letzten Teil dieses Textes.

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— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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