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Schlechtes Rollenspiel objektiv erkennen? Kritisch hinterfragt

Bild von Drak

In Tanelorn schrieb Terrorbeagle:

Für die Frage, was schlechtes Rollenspiel ausmacht, ist eine Antwort, dass die absoluten Mindeststandards - grundlegende Regelkenntnis, grundlegende Settingkenntinis, kontinuierliche Charakterdarstellung, und last but not least allgemeine Höflichkeit - nicht erfüllt werden.

Hervorhebung von mir: Ich programmiere bei meiner Doktorarbeit viel, daher nehme ich dieses und sehr ernst. Allerdings geht es noch nicht weit genug.

Wenn ein Spieler weder

  • Regeln kennt, noch
  • Die Welt kennt, noch
  • Seinen Charakter kennt, noch
  • Sachen macht, die die anderen witzig finden, noch
  • Den anderen gegenüber höflich ist, noch
  • Seinen Charakter rollengerecht spielt, noch
  • Taktisch geschickt spielt, noch
  • An der Stärkung seines Charakters arbeitet, noch
  • In Kämpfen richtig reinrockt, noch
  • Begeistert würfelt, noch
  • Spannend erzählt, noch
  • Lustig erzählt, noch
  • Sympatisch ist, noch
  • Die Geschichte unterstützt, noch
  • Den anderen zuhört, noch
  • Ideen einbringt, noch
  • Über das Spiel nachdenkt, noch
  • Die Runde organisiert, noch
  • Neue Spieler dazubringt, noch
  • … viele weitere Sachen, die manchen Runden Spaß bringen können

UND wenn seine Anwesenheit die anderen stört, dann ist er recht wahrscheinlich kein guter Rollenspieler.

Wenn jemand auch nur eine einzige dieser Stärken besitzt, dann kann er ein guter Rollenspieler sein. Und wenn dieser Punkt seiner Runde Spaß bereitet (und die fehlenden Punkte diesen Effekt für seine Runde nicht negieren), dann ist er für seine Runde ein guter Rollenspieler.

Objektive Definition

Daher ist jede Definition von schlechtem Rollenspiel, die jemanden als schlechten Rollenspieler abstempelt, der eine dieser Stärken bietet, eine unzureichende Definition, die nicht als allgemeines Qualitätsmerkmal taugt.

Eine Definition, die jemanden als schlecht abstempelt, weil ihm eine oder ein paar wenige der Stärken fehlen, ist entsprechend völlig untauglich, um allgemeine Qualität feststellen zu können.

Objektive Definitionen von schlechtem oder auch nur schlechterem Rollenspiel sind dadurch fast unmöglich.

Beispielsweise hat mir eine der tollsten Spielerinnen, die ich kenne, mal erzählt, dass sie in ihrer DSA-Runde nie verstanden hat, wie ihre Geweihtenfähigkeiten funktionieren. Sie spielt aber unglaublich mitreißend, so dass alle das gerne akzeptieren.

Und einem unserer Kernspieler fällt es extrem schwer, sich in eine Stimmung hineinzuversetzen. Ihm ist das Spiel aber unglaublich wichtig und er spielt seine Charaktere mit Inbrunst.

Subjektives Qualitätsmerkmal

Wer allerdings nur wissen will, ob er mit einem bestimmten Spieler wahrscheinlich Spaß haben wird, der kann für sich subjektive Qualitätsmerkmale aufstellen - und die können vielleicht für andere Leute eine teilweise Gültigkeit haben, wenn diesen anderen Leuten ähnliche Qualitäten wichtig sind.

Wenn ich eine Paranoia-Runde spielen will, sollte ich es vermeiden, einen Spieler in der Runde zu haben, der es nicht erträgt, wenn sein Charakter stirbt. Und wenn ich mit diesem Spieler spielen will, sollte ich halt kein Paranoia spielen.

Anders herum könnte man sagen: Jeder, den mindestens eine Runde dabei haben will, ist ein guter Rollenspieler1 - zumindest für diese eine Runde. Und sein Stil ist mindestens für diese eine Runde ein guter Stil.

Die Diskussion um besseres Rollenspiel braucht also zuallererst eine Beispielrunde, anhand derer ein bestimmtes Spiel analysiert wird. Wenn wir den Geschichtenerzähler Sven, die Taktikerin und Kampfsau Luna, den Schauspieler Jochen und die Spezialistin (Hacker) Ines als Gruppe annehmen, können wir fragen, welche Spiele für diese Gruppe gute Spiele sind. Wir können sogar fragen, welche Spiele für diese Runde besser geeignet sind als andere. Allgemein können wir das aber nicht sagen. Denn selbst „das Spiel kennen wir schon“ ist ein Qualitätsmerkmal.

Und eigentlich sollte das spätestens seit Robins Laws Allgemeingut sein. Denn genau darum geht es in dem Buch, und zwar durchgehend, um wirklich sicherzustellen, dass dieser Punkt ankommt. Denn er ist die Eherne Regel von Robin D. Laws: Wenn deine Runde Spaß hat, macht ihr es richtig.

PS: Und ja, es gibt sogar Leute, die sich gerne über Regeln streiten und den Adrenalinschub bei einer harten Diskussion genießen.


  1. Natürlich kann der Spieler sich verbessern. Er kann lernen, seine Stärken weiter auszubauen oder neue Stärken zu entwickeln, so dass das Spiel mit ihm mehr Leuten Spaß macht - oder den Leuten mit denen er spielt mehr Spaß macht. Aber auch wenn er das nicht tut, ist er ein guter Spieler, wenn sein Spiel seiner Runde Spaß bringt. 

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— RowC
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