Ekk: Panische Besatzer

Panische Besatzer

Die Tiefsee ist bei weitem feindlicher als die Leere, und Ekks Besatzer wissen es.

Statt den typischen Soldaten und Sicherheitsleuten, die wir nichteinmal mehr töten müssen, um an ihnen vorbeizukommen, begrüßten uns schwerbewaffnete Kämpfer in psigeschirmten Ganzkörperpanzern mit ausreichendem Schutz, um dem Wasserdruck standzuhalten – und einem einzelnen Blasterschuss sowieso.

Und statt wie üblich zu warten, bis das Schiff sauber gelandet war, entluden sie die Fracht selbst, während wir noch in den geschirmten Kryokapseln lagen.

Kaum hatten wir den Frachtraum verlassen und Mirel gesagt, dass wir den Weg raus alleine finden würden, tauchten die ersten Gerüsteten auf und deckten uns mit einem Geschosshagel ein. Als wir in Türrahmen in Deckung gingen, flogen sofort Granaten und ließen die Hülle meiner Panzerung brechen wie Billigplastik.

Selbst ihre Visiere waren gut genug gepanzert, dass ein direkter Treffer meines Blasters sie nur zeitweise schwärzen aber nicht durchdringen konnte, und ihre Servos waren stark genug, dass sie uns einfach auseinandernehmen konnten.

Hätte Kalem nicht auf winzige Schwachstellen zwischen den Panzerplatten gefeuert, und hätten die Gepanzerten sich nicht auf Granaten verlassen, die ich durch eine psionische Berührung direkt außerhalb ihres Schildes zünden könnte, wären wir wohl nie wieder ans Tageslicht gekommen.

So konnten wir uns ausreichend Zeit erkaufen, um im Aufzug davon zu kommen und eine Außenwand aufzubrechen. Sie war zwar psionisch getarnt und nicht als Außenwand zu erkennen, aber unter ausrechendem Innendruck brach sie auf. Statt wie erwartet in einem weiteren Deck zu sein, konnten wir direkt ins Wasser springen. Ich packte Kalems Fuß und zog sie psionisch durchs Wasser. Als wir außer Reichweite des Kommandoschiffes waren, setzte Kalem mit ihrer Stabwaffe einen Notruf ab.

Zwei Stunden später stieg eine Taucherglocke aus der Tiefe und wir wurden von Ekkarion Sicherheitsleuten abgeholt.

Zu unserem Glück wurden wir nicht sofort festgenommen, als Kalem begann von Problemen mit dem System zu reden. Stattdessen brachten sie uns zu dem Leiter der Wachen der Unterwasserstadt.

°Riesige Algenstränge ziehen an der Taucherglocke vorbei. Ihre Wurzeln verlieren sich in die Tiefe. Vielfältig leuchtende Fische tummeln sich um die Algenstränge und erfüllen die Tiefe mit vielfarbigem Glühen.

Die Taucherglocke dreht sich und die Algenstränge gleiten aus dem Gesichtsfeld. Für Augenblicke ist nur die schwarze Leere zu sehen, dann tauchen von der Seite der Sichtscheibe neue Lichter auf.

Winzige Funken umschwirren eine schimmernde Blase, die wie schwerelos in der Tiefe schwimmt. Die sanft leuchtende Membran der Außenhaut enthüllt nur ein verschwommenes Bild ihres Innenlebens. Häuser hängen dort wie Waben an anderen Häusern, und vielfarbige Lampen zeichnen ein verwirrendes Netz sich in alle Richtungen kreuzender Wege nach.

Die Taucherglocke nähert sich der Membran, gleitet näher heran und berührt sie. Dann öffnet sich die Membran, scheint die Taucherglocke zu verschlingen, und schließt sich nahtlos hinter ihr wieder, als hätte sie sich nie geöffnet. Vor der Glocke ziehen leuchtende Fischschwärme durch die Wege der Stadt, die sich nicht nur auf ebenem Boden erstreckt, sondern ebensosehr an riesigen Algensträngen in die Höhe wächst, wie in die Breite.°

Wir wurden in das Büro ihrer Wache gebracht, ich im Druckanzug, weil die 400 Tonnen Außendruck mir sonst binnen Augenblicken das Licht ausblasen würden. Dann erfuhr Kalem, dass der Leiter der Wache dort ein alter Freund aus ihren Kampfsporttagen war, den sie eher bei den Rebellen erwartet hätte.

Er gab uns eine Wohnung, bessere Druckanzüge und den Rat, uns nicht mit dem System anzulegen,

Als ob wir uns an den jemals gehalten hätten. Aber das muss er gewusst haben. Schließlich hat er wärend der gesamten Besprechung unsere Gedanken gelesen, weitaus tiefer als es die Höflichkeit Telepathen sonst erlaubt. Naja, er hat den Preis dafür gezahlt, als er Kalem erzählen ließ, was sie erlebt hat und ich die Beschreibungen mit passenden Erinnerungen unterfütterte. Lies niemals die rohen Gedanken eines Anderen, es sei denn, du bist absolut sicher, dass du mit allem klar kommst, das er erlebt hat. Die Ekkarion scheinen das hier anders zu sehen. Und sie haben bei weitem zu wenig Erfahrung mit Schrecken, um sich das leisten zu können.

Wir hatten also eine Wohnung und die Ausrüstung um zu überleben, leider aber kein Geld. Und das würden wir brauchen, um die Vergiftung der Vorstadt zu untersuchen. Diese Stadt war zwar schön, aber es war leider auch die falsche, und die richtige war mehrere zehntausend Kilometer entfernt.

Schrecken der Tiefe

Während Kalem sich bemüht hat, ein Kampfforum zu finden, um Geld zu verdienen, habe ich ein paar hundert Meter von der Stadt entfernt die Effekte von Psi unter Wasser getestet. Es ist enttäuschend, dass ich in dieser Tiefe selbst mit meiner ganzen Kraft nur ein Schnapsglas Wasser verdrängen kann. Der Knall, mit dem die Blase zerplatzte, lies mich allerdings fast Ohnmächtig werden. Und er hat etwas Großes geweckt.

°Blasen steigen in kleinen Gruppen aus der schwarzen Tiefe empor. Ein dumpfes Grollen durchdringt das Wasser.

Um Sskreszta flackert ihr Psi-Schild auf, immer wieder zusammengedrückt und verzerrt von Strömungen. Kleine Wirbel bilden sich in den Rissen des Schildes. Ihre Hand tastet nach dem nicht vorhandenen Blaster an ihrer Seite. Der Strahl ihrer Helmlampen verliert sich kraftlos in der Tiefe.

Für ein paar Augenblicke herrscht Stille. Das Meer scheint in stummer Erwartung zu schweigen und kein Lebewesen wagt eine Bewegung.

Dann schält sich ein riesiger Umriss aus der Dunkelheit. Im Strahl der Lampen zeigt sich eine Wand grau schimmernder Schuppen, nur durchbrochen durch ein Maul der Größe eines Schwebewagens. Trügerisch langsam öffnen sich die Kiefer und eine plötzliche Strömung zieht Sskreszta mit unbändiger Kraft in die Tiefe.°

Ich habe die Düsen des Taucheranzugs bis zu ihren Grenzen belastet und bin dem Maul knapp entkommen. Danach bin ich in die Stadt zurück. Ich werde nicht mehr so leichtsinnig Krach machen, ohne schwere Waffen dabeizuhaben.

Als ich zurück kam, hatte Kalem ein Kampfforum gefunden und in einem Trainingskampf allen bewiesen, dass sie würdig ist. Das Forum wollte sie als Vertreterin in ein Turnier schicken. Dass das Turnier gerade in der Stadt stattfindet, in die wir wollen, stinkt allerdings nach Einmischung. Ich würde einen Blaster wetten, dass Kalems alter Freund da seine Finger im Spiel hatte. Aber zumindest kamen wir so an unser Ziel und auch zu Geld.

Drei Tage später konnten wir bereits die Stadt in den Algen bewundern. Anders als in der Ersten hatte hier jedes Haus seine eigene Membran, und Ekkarion schwammen durchs offene Wasser von Haus zu Haus. Von außen gesehen sah sie aus wie in den verschiedensten Farben beleuchtete Froscheier.

Wir hielten uns allerdings nicht lange auf. Das tote Viertel war leicht zu erkennen. Es hing direkt über dem Rand einer Klippe und das System hatte alle Algenbäume von unten gekappt. Ich bin sicher, sie haben sich schon alleine dadurch unverbrüchliche Feinde unter den Ekkarion geschaffen. Zwischen den Hausmembranen des Viertels durchdrangen die Scheinwerfer von Tauchglocken die Dunkelheit.

Als wir näher kamen, bemerkten wir ein Schallfeld, das das gesamte Viertel einschloss und selbst Steine zu Staub zerrieb. Immerhin wussten wir so, was die Bäume gekappt hatte.

Wir suchten eine Weile nach einem Weg ins Innere bis Kalem ein dumpfes Brummen hörte. Es kam aus einem Loch in der Klippe unter dem Viertel. Jemand war uns zuvor gekommen und versuchte sich mit einem Schallbohrer einen Weg in das Viertel zu graben. Und ein Schallbohrer mag in Luft kaum etwas ausrichten, doch im Wasser ist er tödlich. Alles hier ist tödlich, wenn es nur den Schutzanzug beschädigen kann.

°Dumpfes Brummen erfüllt Sskresztas Wahrnehmung. Ihre Sicht verschwimmt und die Welt dreht sich. Dann knackt etwas leise in ihrem Anzug, und eine fast unmerkliche Kühle breitet sich über ihren Brustkorb aus.

Ihr Blick springt gehetzt nach oben. Hunderte Meter Wasser. Ihre Ohren knacken. Wasser dringt in den Anzug. Der Druck nimmt zu. Panik verdrängt alle Gedanken.

Sskreszta jagt mit voll aufgedrehten Düsen in die Höhe, in Richtung des Schallschildes und der rettenden Tauchglocken. Dann dringen Kalems Worte durch die Panik: „Nimm dein biologisches Medkit! Dein Anzug lebt!“°

Das Medkit reparierte den Anzug binnen Augenblicken, aber bis die Panik verebbte vergingen Minuten. Die Tiefe ist schrecklicher als die Leere – viel schrecklicher.

Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, suchten wir erneut nach dem Bohrloch, blieben diesmal aber weiter entfernt, um den Bohrer selbst finden zu können. Wir brauchten einige Zeit, dann erreichten wir eine Menschengroße Steinlinse, die den Schall auf das Bohrloch ablenkte. Kalem beschrieb begeistert, dass die Linse vom Schall selbst an ihrem Platz gehalten wurde, mich interessierte aber nur, dass der Bohrer nicht mehr funktionieren würde, wenn ich die Linse nur weit genug verschob.

Bei dem ersten Versuch zogen sie den Stein mit einem breiteren Strahl wieder zurück. Beim zweiten kamen endlich ihre Besitzer. Als erste Handlung blockierten sie unsere Bewegungen telepathisch fast vollständig. Durch Erinnerungen an die schlimmeren unter unseren Erlebnissen konnten wir sie allerdings weit genug ablenken, um handeln zu können. Nachdem wir ihnen nichts sagen wollten, ohne zu wissen, zu wem sie gehören und ich zwei von ihnen telekinetisch tötete und anbot, sie wiederzubeleben, wenn sie uns erzählten, was wir wissen wollten, drang einer von ihnen vollständig in unsere Gedanken ein und wir wachten schwer verletzt im Krankenhaus wieder auf.

Immerhin haben sie uns ins Krankenhaus gebracht. Wären Ekkarion nicht so friedfertig, hätte das übler enden können.

Allerdings blieb in mir das Gefühl, dass sie noch immer unseren Geist beobachteten. Der einzige Weg, sie sicher loszuwerden, war es, unseren Geist für sie unerträglich zu machen. Also befahl ich meinem Medkit, mir für fünf Minuten Emotionsverstärker zu geben, und rief meine schlimmsten Erinnerungen wieder wach. Kalem folgte meinem Beispiel, allerdings ohne Zeitgrenze. Wir bereuten es beide. Ich konnte Kalem mit letzter Kraft zum Krankenhaus ziehen, dann brach ich neben ihr zusammen. Wir erwachten in Krankenhausbetten.

°… …nein°

Die Ärzte hielten uns drei Tage lang unter entspannenden Drogen und von der Außenwelt getrennt. Als es uns dank Drogen und Psi wieder gut genug ging, entließen sie uns mit der Mahnung uns Ruhe zu gönnen. Wir machten uns sofort wieder auf den Weg zum vergifteten Viertel und zur Höhle – diesmal aber mit Waffen.

Als wir ankamen war das Geräusch verschwunden und die Höhle zugeschüttet, aber das bröckelige Geröll ließ sich einfach wegreißen, und ich hatte Metallstangen als Waffen mitgenommen. Die meisten von ihnen wurden dann für das genutzt, für das sie ursprünglich gedacht waren: Den Gang stabilisieren, damit er nicht über uns zusammenbrechen konnte.

Wir warfen noch einen Blick auf das vergiftete Stadtviertel und sahen dort Fremde ohne Schutzkleidung, definitiv nicht vom System. Also schwammen wir in den Tunnel und versuchten schnell am anderen Ende anzukommen, um da zu sein, bevor sie zu große Zerstörungen bewirken konnten.

Der Gang führte uns nach oben in einen waagerechten Gang, der entweder tief in den Berg oder heraus führte. Wir hatten die Fremden vor der Öffnung gesehen, also schwommen wir erst raus. Genau vor dem Ausgang hingen drei Steinköpfe von der Decke: Ein Ekkarion, ein Malux und ein Ranmex. Kalem glaubte, etwas von ihnen zu spüren, also versuchte sie Kontakt aufzunehmen, aber ihre telepathinschen Fählgkeiten genügten nicht, um zu ihnen durchzudringen. Danach versuchte ich, sie zu erreichen.

°Sacht betasten Sskresztas psychische Fühler den geschnäbelten Steinkopf des Malux. Sie streicheln wie Bänder aus zarter Seide über die Oberfläche und ein unsichtbares aber deutlich zu spürendes Licht erwacht in dem Stein. Die Fühler gleiten tiefer und der Kopf erwacht.

„Verschwinde, unreines Wesen“°

Ich hätte ihnen am liebsten ihre psionischen Eingeweide herausgerissen. Und wenn die sich weiter so aufführen, wie sie es später noch gemacht haben, tue ich das vielleicht noch. Was kümmert es mich, dass sie als Götter bezeichnet werden? Sie sind einfach arrogante, mächtige Wesen ohne grundlegende Höflichkeit.

Wobei ich sicher genauso gehandelt hätte.

Kalem versuchte es danach nochmal und bat sie um Hilfe. Sie bekam Kontakt, die Köpfe erwachten alle und ein brutaler Sog riss uns durch den Gang ins Berginnere.

Rein oder unrein?

Nach viel zu langen Zeit wurden wir aus dem Gang getragen und fanden uns in einem flachen See wieder, unverletzt und unter einer Eisschicht. Ein Blick nach unten zeigte uns einen riesigen Algenwald. Kalem meinte, er wäre heilig. Ich spürte nur eine starke psionische Präsenz.

Wir suchten kurz die nächste Umgebung des Ausgangs ab und fanden ein zerstörtes Tauchboot. Die Außenwand war geborsten und zwei Terraner darin waren von dem einstürzenden Wasser regelrecht zerschmettert. Neben einer Konsole schwamm noch ein geborstenes Datenpad. Auf dem Bildschirm erkannten wir eine Karte des Gebietes als letzte Anzeige. Ein Gebiet war rot markiert. Wir wussten also zumindest, was für das System interessant war – oder gefährlich. Für uns also auf jeden Fall interessant.

Als wir runter zum Algenwald tauchten, schoss ein weiteres Tauchboot aus dem Tunnel. Wir bereiteten uns auf den Kampf vor, und ich ließ eine der Eisenstangen über meiner Hand schweben, aber als sich die Klappe öffnete, kontaktierte uns Fox per Funk. Er brachte Mirel und Xolloroth. Wir hatten also nun schreckliche Kämpfer hier. Nur trauten sich beide nicht näher an den „heiligen“ Wald heran. Dafür beschwerten sie sich, dass sie ihre Tarnung hätten fallen lassen müssen, weil wir ungeschickt gewesen wären.

Zum Glück konnten wir schnell weg. Hier unter Wasser hätte Mirel all ihre Schnelligkeit nichts genutzt, und ich hatte gute Lust ihr zu zeigen, was ich davon hielt, dass sie auf dem Schiff ein Schlachtfest veranstaltete, weil sie dachte, sie müsste uns decken. Wir hatten ihr klar gesagt, dass wir das selbst regeln, und wir hatten unseren Weg, uns in Sicherheit zu bringen.

Nachdem wir realisiert hatten, dass die Eisschicht an der Meeresoberfläche lag, wir also nahe des Eises vom Auge des Rah hätten erfasst werden können, schwammen wir unten im Algenwald zum Ziel, jetzt mit Fox. Und zumindest in den roten Bereich kamen wir ohne Probleme.

°Eine Schockwelle rollt durch das Wasser. Sand und Schlick werden in die Höhe gerissen und drei Gestalten wirbeln ungezielt durch die Fluten.

Nach einigen Sekunden haltlosen taumelns fangen sie sich. Fox funkt: „Das kommt aus dem Orbit“.°

Nach dem ersten Schrecken erkannten wir, dass wir nicht das Ziel der Bombardierung waren. Wilde Ekkarion sammelten sich. Als wir ihnen zu Hilfe kommen wollten, griffen sie uns an. Ich verfluchte es, dass Blaster unter Wasser sinnlos sind. Gesprächsversuche von Kalem gingen schief. Nicht, dass sie gut in Diplomatie wäre, aber Fox und mich hätten sie wohl nichtmal angehört. Wir zogen uns also zurück und fanden auch so den Eingang zum Tempel. Zu meiner Freude waren die Räume darin Luftgefüllt, auch wenn der Druck immernoch so stark war, dass Fox und ich nur im Schutzanzug überleben konnten. Leider stand in der Luftblase auch einiges an technischen Gerät, und Schwarzgerüstete wollten vor zwei Eisstatuen Ekkarion umbringen. Sie standen in einem großen Raum hinter dem Vorraum mit ihrer Tech. Die gefangenen Ekkarion lagen gefesselt auf dem Boden. Bevor sie einen von ihnen umbringen konnten, schossen wir auf sie. Die Gerüsteten waren 20 und schossen glücklicherweise nicht allzu gut. Jeder unserer Treffer ließ einen von ihnen in dem hohen Luftdruck zusammenbrechen. Leider würde es uns genauso gehen. Trotzdem sah es gut für uns aus, bis die Gerüsteten gefangene Ekkarion als lebende Schilde nutzten. Immerhin hatten sie also gute Strategen, wenn sie schon nicht gut schießen konnten – oder einfach zu viel Angst hatten, getroffen zu werden.

Fox fing eine Kugel und zog sich zurück. Kalem blieb vorne. Ihr massenverstärkter Stab hatte bereits viele der Gerüsteten zurückgeworfen, denn ein einzelner Bruch in der Panzerung ließ unsere Gegner die Flucht ergreifen. Genau wie uns. Entsprechend war sie zu weit vorne, als die lebenden Schilde kamen, und hinter ihnen mehr und mehr Gerüstete. Sie selbst nutzte einen Gefallenen als Schild. Wir hatten ihn überwältigt und als Fauspfand nutzen wollen. Was gründlich schlief ging, denn unsere Gegner erschossen ihn ohne zu zögern.

Als immer mehr Gegner um die Ecke kamen, schoss ich mit meinem Blaster auf den Kopf eines der gefangen Ekkarion. Der Blut- und Flüssigkeitsregen hinter ihm hielt die Gerüsteten lange genug auf, dass ich Kalem in Sicherheit ziehen konnte. Zum Glück war Kalem zu tief in Deckung hinter dem Gefallenen gegangen um zu sehen, dass ich der Schütze war.

Wir zogen uns in die Vorhöhle zurück, in der unsere Gegner ihre Tech gelagert hatten. Ich heilte Fox und Kalem und Kalem heilte meinen Tauchanzug. Dann suchten wir den Raum nach allem ab, das uns gegen die Schwarzgerüsteten helfen könnte. Während der Suche deaktivierten wir ihre noch laufende Elektronik mit ein paar gezielten Schüssen. Dann spürte ich eine Präsenz in der Nähe des Ganges.

°Tief in Schatten liegt eine faustgroße Kugel, die fast mit ihrer Umgebung zu verschwimmen scheint. Von der unscheinbaren Kugel tasten feine Fäden durch den Psi-Raum, streifen immer wieder Sskresztas geistige Fühler und lassen ein Beben durch ihren geistigen Körper fließen.

Vorsichtig geht Sskreszta vor der Kugel in die Hocke und streicht mit der Hand über deren schwarze Oberfläche. Dann lässt sie ihre geistigen Fühler ausgreifen und taucht in die Kugel ein.

Pulsierende Kraft. Strahlende Funken. Gleißendes Licht. Eine befehlsgewohnte Stimme.

„Was suchst du hier, unreines Wesen?“°

Ich beginne diese Überheblichen Möchtegerngötter zu hassen. Kein Wunder, dass sie verschwinden mussten, wenn sie alle so behandelten, die sie nicht selbst erschaffen haben. Am Ende habe ich dem Wesen erklären können, dass wir seine Hilfe brauchen, um die Vernichtung des Tempels zu verhindern.

°„Hast du das gemacht?!?“°

Ich habe ihm Erinnerungen von Ashar gezeigt. Wie dort Tempel zerstört wurden.

°„Es ist leer! Warst du das?“°

Und, dass wir versuchen, Etaros zurückzuholen, der zu den von ihnen erschaffenen „reinen“ Wesen gehört.

°„Ich habe versucht es zu schützen, aber ich war zu schwach. Der Schwarm hat meine Verteidigung zerschmettert.“°

Und ich bin froh, dass ich die Gedanken daran unterdrücken konnte, dass das Amulett überhaupt erst angegriffen wurde, weil Etaros dadurch Kyrie und mir ein paar lebensnotwendige Sekunden verschaffte, so dass ich Kyrie mit all meiner Kraft Schutz gegen die vollständige Auslöschung ihrer Persönlchkeit geben konnte, bevor ich sie dem Schwarm übergeben habe.

°„Du darfst mich nutzen, wenn du mich einem reinen Wesen übergibst.“°

Die Kugel dem Schwarm zu übergeben ist verlockend. Aber Kalem wäre sicherlich nicht einverstanden. Es scheint immerhin ein Jungh-Ei zu sein, und für sie sind die Jungh Götter. Aber Kalem als rein zu bezeichen… Rein ist sie sicher nicht, so wie der Hass sie greift, wenn sie schwarz wird. Sollen das die Jungh doch selbst entscheiden. Ihre Ansicht von Reinheit ist fast so kaputt wie meine Psyche.

Psi-Verstärker, die eine ähnliche Kraft wie dieses Ei liefern, wären eine Revolution. Vielleicht wurden deswegen die Eier in den Tiefen der Insel auf Ranos durch Horden von Zat bewacht…

°Strahlendes Licht erfüllt Sskreszta. Ihre Sinne greifen aus, die Welt wird lebendiger, jede Müdigkeit vergeht. Ihr Körper strahlt psionisch, während Wellen von Kraft und Freude durch ihre Adern und psionischen Muster fließen. Dann senkt sich erneut Dunkelheit über Sskreszta und Kalem beginnt zu strahlen, die Hände um die Kugel gelegt.°

Wunden und Erschöpfung hatte ich keine mehr, und ich verstehe, warum manche die Jungh für Götter halten. Ihre Kraft ist verführerisch. Aber auch nicht eher die eigene als bei Drogen oder Psi-Verstärkern. Und wie Drogen machen Jungh wohl süchtig.

Mir hat die Stim-Sucht gereicht. Nochmal brauche ich das nicht.

Ich hoffe, Kalem kommt damit klar.

Fremde Tiefe

Ich bin wieder tot, leer und dunkel. Das Ei verschmolz mit Kalem und verschwand1 und über den Boden breitete sich vom Gang her schwarzes Geflecht aus, drängte uns zum Wasser. Es verschlang alles in seinem Pfad, selbst Metallwaffen, und wenn es zerstört wurde, blutete es Säure. Als wir versuchten, durch das Wasser zu entkommen, griffen uns amphibische Wesen an. Doch vom Licht der Jungh erholt und geheilt wie wir waren, konnten wir überstehen und zurück ans Land fliehen.

Kaum waren wir wieder an Land, erbebte der Tempel in seinen Grundfesten. Nachdem das Beben gestoppt hatte, testeten wir den Weg über das Geflecht erneut, denn im Wasser wären wir den Froschfüßen nicht gewachsen. Wider erwarten reagierte das Geflecht ausreichend langsam, dass wir darüber rennen konnten, auch wenn stehen zu bleiben oder zu fest aufzutreten tödlich wäre. Kalem levitierte sich einfach darüber.

Von unseren menschlichen Gegnern war niemand mehr übrig, vermutlich hat das Geflecht alle verschlungen. Dafür lag in der Halle der zwei Statuen ein Nest der Zat, dessen zuckende Auswüchse ein Sechstel der Halle erfüllten. Natürlich war das Nest auch der Ursprung des Geflechtes. Die einzigen von dem Geflecht verschonten Stellen waren die riesigen Statuen, also kletterte ich auf eine. Kalem levitierte eh.

Wir beschossen das Nest von Außen, scheiterten aber an seinem schleimartigen Schild. Mein Blaster verursachte nicht einmal einen Kratzer; der Schild wobbelte kurz, dann war er wieder stabil. Als Antwort darauf bildeten sich im Nest Kokons aus. Während wir überlegten und experimentierten, wie wir durch den Schild kommen konnten (Kalems Sprengstoff ließ ihn heftig vibrieren, bewirkte sonst aber nicht mehr als mein Blaster) wuchsen die Kokons heran. Dann platzten sie plötzlich auf und entließen Zatlinge, die sich sofort auf uns stürzten und dabei ohne jegliche Probleme durch den Schild kamen.

Ich wünschte, wir hätten ähnliche Technologie für unser Schiff. Von Innen durchlässig, von außen für Feinde fast undurchdringlich – deutlich stärker als mein PSI-Schild, selbst im Verstärker – und es regeneriert sich. Damit könnten wir uns in heftigste Jägerschlachten wagen, ohne um unser Schiff fürchten zu müssen. Doch dafür ein Zat-Nest im Inneren zu haben, wäre ein zu hoher Preis. Vielleicht entwickeln Schiffsingenieure irgendwann etwas ähnliches. Ich sollte das Kalem erzählen, sie hat vielleicht Ideen dazu.

Die Zatlinge überlebten nicht lange, doch das Nest bildeten schon neue Kokons, und einer war merklich größer als die anderen. Wir hatten also nicht mehr viel Zeit.

Als der größere Kokon aufplatzte und eine uns vielfach überragende Monstrosität aus dem Kokon brach, schleuderte ich eine von Kalems Sprengkapseln in das Maul des Biestes. Kalem feuerte darauf, noch bevor der Zat ganz durch den Schleimschild gekommen war. Die Explosionswolke brach aus ihm heraus zerriss mehrere Kokons im Inneren, doch das Nest selbst war kaum angeschmort und der Schild hatte sich bereits nach Augenblicken wieder geschlossen. Nachdem wir einmal durchgekommen waren, entschieden wir, es erneut zu versuchen, doch diesmal mit einfacher Gewalt.

Ich presste mehrere Sprengkapseln mit all meiner Telekinetischen Kraft gegen den Schild, und er verbog sich nach innen, beulte sich immer weiter ein und riss schlussendlich. Noch bevor sich der Riss wieder schließen konnte, feuerte Kalem hindurch. Die getroffenen Sprengkapseln explodierten innerhalb des Schildes und verbrannten die oberste Schleimschicht des Nestes. Und zusammen mit der Schleimschicht fiel der Schild. Um dem Nest den Rest zu geben, griff ich telekinetisch nach dem Kopf der näheren Statue. Unter meinem Druck begann sie erst zu schwanken und kippte dann auf das Nest herunter. Was noch vor Augenblicken jedem Blasterschutz standgehalten hatte, zerplatzte wie eine Raumanzug zwischen zwei andockenden Schiffen und schleuderte Säure in jede Ecke des Raumes. Hätten wir es nicht hinter die zweite Statue geschafft, wären wir davon gestorben. So konnten wir in das Loch steigen, das sich unter dem Sockel der Statue auftat, bevor die Säuredämpfe der weggeätzten Wände unsere Lungen fressen konnten.

Unter der Statue öffnete sich ein wirklicher Wald. Während der Wald außen nur ein normaler Algenwald war, wenn auch mit starker psionischer Struktur, strahlte dieser Wald ein Bewusstsein aus, das über einfache Pflanzen hinausging. Selbst nach einem kurzen Blick wurde klar, dass hier Harithgad lebten, und das machte es zu reinem Selbstmord, in diesen Wald zu steigen, denn in einem Punkt sind sich all die Texte zu Harithgad einig: Wenn du in ihren Ranken bist, gibt es kaum ein entkommen. Und dieser gesamte Wald musste von ihren Ranken durchzogen sein, wenn er nicht zur gänze ein Harithgad war.

Doch wir waren hier, um die Tempel auf Ekk vor der Zerstörung zu bewahren, und an meiner Seite war eine Ekkarion, also sollten wir willkommen sein.

Wie ich es hasse, keine echte Sicherheit zu haben. Wer sich zu sehr auf Hoffnung verlässt, lebt eine kurze und schmerzhafte Existenz. Doch zum Glück bewahrheitete sich die Hoffnung. Diesmal. Ansonsten hätten meine Aufzeichnungen nach dem letzten Abschnitt geendet.

Die Vermutung bewahrheitete sich ebenso wie die Hoffnung: Der Wald war Lebensraum eines alten Harithgad. Er erzählte uns von alten Sagen und dass er schon viel zu lange hier sei. Dann gab er uns eine kopfgroße Knospe2 mit Jungh Eiern, auf die wir achten sollten. Viel Zeit zum Fragen stellen blieb allerdings nicht: Kaum hatte er uns die Knospe gegeben, schwangen sich Schwarzgepanzerte durch das Loch unter der Statue in den Wald hinab und eröffneten das Feuer.

Der Harithgad zeigte uns einen Weg nach oben, dann bewegte er sich zum Eingang, in seinen letzten Kampf, denn er hatte in Sicherheit gebracht, was ihm wichtig war.

Und sobald das System erfährt, dass die Beute nicht mehr auf Ekk ist, sollte es sich zurückziehen. Und das heißt, ich muss ein halbes Jahr mit Mirel und Xolloroth auf ihrer Forschungsstation verbringen, damit sie das Amulett untersuchen können. Vielleicht sollte ich doch wieder runter und dem Harithgad in seinem letzten Kampf beistehen. Der Tod in der Schlacht könnte schöner sein als Xolloroths monotones Gerede zu ertragen. Wie kann nur irgendjemand die Gegenwart von Forschern ertragen? Würden wir sie nicht brauchen, um unsere Schiffe zu warten, könnten Wissenschaftler gerne unter sich bleiben. Zumindest alle außer Kalem.

Verdammt, sie verkompliziert wieder alles.

Ich hoffe, wir sehen uns wieder, wenn ich von dem halben Jahr bei Mirel und Xolloroth zurückkomme.


  1. Die Zat in Kalems Bewusstsein verschlangen den Jungh, aber davon weiß Sskreszta nichts… Deswegen kam übrigens auch das Zat-Gewebe in den Tempel und der Tempel starb. Das ist nun schon der zweite, den wir irgendwie auf dem Gewissen haben… 

  2. Das kommt davon, wenn man zu lange wartet, bevor man das Log schreibt. Ich musste unsere SL fragen, was wir bekommen haben… 

Sskreszta-Log statisch

-- 2018-12-10 02:04:42 --


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